Ute Hentschel, Buchhandlung Hentschel, Burscheid:
"Grundsätzlich finde ich es gut, wenn Leseexemplare breit gestreut werden, und wenn Blogger positive Werbung für Bücher machen. Allerdings ist die Qualität der Blogs leider auch sehr unterschiedlich. Problematisch wird es aber, wenn wir Buchhändler, die die Titel vor Ort verkaufen, nicht mehr bei Leseexemplaren berücksichtigt werden. Bei mir ist das nicht der Fall, aber ich habe schon von anderen Buchhändlern über solche Fälle gehört, wo Verlage sich geizig gezeigt haben. Wir brauchen die Leseexemplare für unsere Arbeit und bei Titeln wie "Altes Land" waren wir Buchhändler es, die diese zum Bestseller gemacht haben. Das war nur durch das Leseexemplar möglich, das wir bekommen haben. Es wäre wichtig, dass Verlage beim Verteilen der Bücher auch auf die Qualität von Blogs achten."
Dennis Holtvlüwer, Buchhandlung Viola Taube, Nordhorn:
"Wir haben keine Probleme an die Leseexemplare zu kommen, die wir haben wollen. Das liegt vermutlich auch am langjährigen Kontakt zu den Verlagen. Daher ist das kein Thema für uns. Und die Verteilung von Leseexemplaren an Blogger ist doch auch vernünftig. Es gibt keine besseren Multiplikatoren im Netz. Das ist für mich mit dem Online-Journalismus gleichzusetzen. Und warum sollten nur große Medien wie Spiegel-Online die Leseexemplare bekommen."
Natalie Puttkammer, Schiller Buchhandlung, Stuttgart:
"Wir haben da noch nie Probleme gehabt. Wir informieren uns über die Neuheiten im jeweiligen Programm und bestellen dann gezielt die Leseexemplare beim zuständigen Vertreter, der meist froh ist, wenn seine Titel gelesen werden. Dass es ein Leseexemplar mal nicht gab, passiert nur sehr selten. Und dass Blogger Werbung für das Buch machen, kann doch nicht ganz verkehrt sein. Es ist gut, wenn über Bücher gesprochen wird."
Thomas Pagel, Hähnelsche Buchhandlung, Hachenburg:
"Ich versuche immer gezielt an Leseexemplare zu kommen, um nicht davon zugeschüttet zu werden. Und die Verlage sind sehr schnell bereit, die gewünschten Titel zu versenden. Da gab es bei uns noch nie Probleme. Aktionen wie bei Bastei Lübbe finde ich extrem ärgerlich und hoffe, dass so etwas nicht Schule macht. Was die Blogs selbst angeht, gab es noch keinen Kunden bei uns, der wegen eines solchen Tipps ein Buch gekauft hat. Ich lese selbst Blogs und die meisten sind leider lausig schlecht. Da müssen sich die Verlage fragen, ob das wirklich Werbung für sie ist."
Dieter Dausien, Buchhandlung am Freiheitsplatz, Hanau:
"Ich habe nicht das Gefühl, dass die Verlage mit ihren Leseexemplaren haushalten und im Gegenzug diese anders verteilen. Wir bekommen in der Regel das, was wir haben wollen, von den Verlagen. Ich konnte da keine Veränderungen feststellen. Häufiger werden E-Books in diesem Rahmen angeboten, die aber nicht die Wirkung entfalten wie ein gedrucktes Buch. Blogs selbst sind natürlich total subjektiv und auch ein Stück Selbstdarstellung der Blogger. Aber es ist gut, wenn über Bücher gesprochen wird und wenn diese Art von Werbung ihre Wirkung entfaltet, kann es uns als Branche doch nur recht sein."
Jörg Bremser, Köhl Die Buchhandlung, Erftstadt:
"Das ist für uns kein Thema, die Leseexemplare, die wir haben wollen, bekommen wir ohne Probleme. Auch sonst bekommen wir genügend Leseexemplare angeboten, da gab es keine Veränderung. Wir arbeiten auch mit Bloggern zusammen, die zu unseren Veranstaltungen kommen und Werbung für uns machen. Ob das wirklich mehr Umsatz oder Frequenz bringt, ist allerdings nur schwer messbar."
Peter Peterknecht, Buchhandlung Peterknecht, Erfurt:
"Ich erkenne da überhaupt keine Problemstellung. Ich habe keine Angst, dass ich zu wenig Leseexemplare bekomme. Und jeder Blogger, der über Bücher schreibt, ist doch ein wunderbarer Multiplikator. Und es gibt bei uns im Geschäft inzwischen viele Kunden, die auf solche Blogs und deren Buchtipps reagieren und bei uns ein Buch kaufen. Nur die eigenen Blogs der Buchhandlungen stellen sich teilweise als schwierig heraus. Wir selbst haben da zu wenig personelle Ressourcen und verzichten daher auf den eigenen Blog."
Jörg Knoblauch, Erzgebirgs-Buchhandlung, Annaberg:
"Wir bekommen nach wie vor genügend Leseexemplare von den Verlagen und können uns nicht beschweren. Was die Tipps der Blogs angeht, spüren wir in der Buchhandlung nur sehr wenig. Da spielen Fernsehen und Zeitungen eine größere Rolle. Nur einmal bei einem Blog zum Brot backen von einem Blogger aus der Region mit entsprechenden Backbüchern hat ein Blog bei uns Wirkung gezeigt."
Annette Jungjohann, Hauffes Buchsalon, Remagen:
"Wir bekommen immer noch genug Leseexemplare von den Verlagen, auch das nachdem man speziell nachfragt. Bei den jungen Literaten sind die Verlage großzügiger, bei den etablierten muss man schon mal anfragen wegen Leseexemplaren. Das ist wichtig für uns, da man das was man verkauft, auch gelesen haben sollte. Bei den Blogs sehe ich keine direkten Auswirkungen auf den Umsatz. Ich verfolge selbst einige Blogs wie Lesefieber oder den Blog zum Deutschen Literaturpreis. Auffällig ist, dass immer weniger Mädchen ab zwölf Jahren zu uns kommen. Da könnte es sein, dass die sich über Blogs informieren und dann direkt online bei Amazon kaufen."
Kurt Idrizovic, Buchhandlung am Obstmarkt, Augsburg:
"Ich brauche als Buchhändler Leseexemplare für meine Arbeit und finde das entsprechend wichtig. Bislang gab es aber noch keine Probleme an Leseexemplare zu kommen. Außerdem hängt mein Bestellverhalten auch von dem ab, was ich vorher gelesen habe. Ansonsten finde ich bei Bloggern durchaus auch Anregungen für meine Arbeit – vorausgesetzt der Blog ist gut gemacht und verfügt über eine hohe Qualität. In Augsburg gibt es zum Beispiel einen Bibliothekar, der einen eigenen Blog hat und mit dem ich auch im persönlichen Austausch stehe. Ich sehe die Literaturblogs als gute Ergänzung."
Aha, da weiß also jemand immer, wieso ein Kunde ein bestimmtes Buch kauft. Kristallkugel? Und natürlich gibt es lausig schlechte Blogs, genauso wie es lausig schlechte Buchhandlungen gibt. Dann zieht man eben weiter und sucht sich was Besseres.
"Blogs selbst sind natürlich total subjektiv und auch ein Stück Selbstdarstellung der Blogger?"
Ach was. Und die Meinung des Buchhändlers ist nicht subjektiv?
Man sieht an den obigen Meinungen sehr gut, wer mit der Zeit geht und offen ist für Neues. Und natürlich haben Blogger Einfluss. Allerdings wohl vor allen Dingen im Bereich Jugendbücher, Fantasy, Romance, etc. Die Leser dieser Sparten kaufen aber eher online, von daher ist es nicht verwunderlich, dass von diesem Multiplikator der Buchhandel vor Ort nichts bemerkt.
Anscheinend existieren wir und die Buchhändler, abgesehen von einer Ausnahme, sowie es auf mich wirkt, doch gut nebeneinander und miteinander zu existieren.
Ich kann mich Nina oben allerdings anschließen in dem Punkt, dass ich beim Buchkauf eigentlich nicht gerade dem Buchhändler erzähle, woher ich besagtes Buch denn nun kenne.
Ihre Feststellung: ,Und natürlich gibt es lausig schlechte Blogs, genauso
wie es lausig schlechte Buchhandlungen git` , sollte die Buchbranche und
da vor allem einmal die Buchhandlungen doch hellhörig machen.
Ich möchte da nur mal meinen Finger auf die beiden Worte: ,schlechte
Buchhandlungen` setzen.
Ich glaube, dass man da jetzt nicht zu krass sein sollte.
Doch ein Knackpunkt, also das A und O in einer Buchhandlung
ist nun einmal eine gute Bedienung und Beratung des Lesers/der Leserin.
Erlebt habe ich dies schon als Kunde. Und zwar in einer nicht so guten
Bedienung und Zuwendung zu mir als Kunde in einer Buchhandlung.
Es würde bei mir aber noch einige Zeit dauern, bis ich mir da dann
eine andere Buchhandlung suche.
Aber gewiss, so ein Eindruck kann dann schon, wenn er sich wiederholt,
zum Begriff einer ,schlechten Buchhandlung` tendieren.
Dass diese Wahrnehmung eben nicht beim Kunden auflommt, sollte
jede Buchhandlung an ihrem Flair und ihrem Image arbeiten. Und zwar
im Innen- wie im Außenbereich.
Ich meine jetzt in einer mehr freundlicheren Bedienung zum Kunden in
der Buchhandlung und dann zu einem noch besseren Outfit, z. B. in
der wahrnehmbaren Außenwerbung in der Präsentation der Bücher
in den Schaufenstern.
Leseexemplare von den Verlagen müssen einfach für die Buchhändler/innen
zur Verfügung stehen, denn Kommentare in Feuilletons bieten oft nicht ein
ganzes Meinungsspektrum über die Neuerscheinungen an.
Und deshalb ist ein eigenes Lesen und Urteil sehr wichtig.
Bei der Kundenberatung ist also ein breites Wissen über den Buchinhalt
sehr notwendig und dies schließt auch die Besprechungen in den großen
Tageszeitungen mit ein.
Aber es wäre gut, wenn Buchhandlungen sich ihre eigene Imagepflege
einmal genauer anschauen würden.
Und Blogs haben sicher ihre eigene Bedeutung um an Informationen
über Bücher zu kommen.
Es gibt eine Menge sehr guter Bücher, die ich überhaupt nicht verkaufe, weil sie nicht zu meinem Publikum passen. Und es gibt noch viel mehr Bücher, die mich überhaupt nicht interessieren, die ich aber in großen Stückzahlen verkaufe. Das ist der Job.
Der Job ist auch, die richtigen Bücher in ausreichenden Mengen zu verkaufen, um Ware, Miete, Löhne und die Krankenkasse zu bezahlen. Ich kenne nicht einen Blogger, dem das gelingt. Ich kenne aber viele, viele Buchhändler, die das schaffen - egal, ob sie Umsonstexemplare mit Bloggern teilen oder nicht. Und das ist der wesentliche Unterschied.
Mir reden Buchhändler ganz allgemein zu oft von den guten Büchern, die sie dennoch nicht verkaufen können und zu oft von den schlechten Büchern, die sie oft verkaufen. Ich würde dann immer gern davon reden, welche Kunden überhaupt nicht mehr in Buchhandlungen hineingehen, um zu schauen, was es gibt. Es ist ein Henne-Ei Problem. Ich werde bei Buchhändlerklagen über die Unverkäuflichkeit von „Qualität“ (was immer das sein mag) immer skeptisch weil ich weiß: Viele Kunden fühlen sich inzwischen unbeachtet in der Buchhandlung, weil ihr Buchhändler zu sehr auf sein Massengeschäft setzt und sich selbst als Gesprächs- und Informationsort über gute Bücher nicht mehr ernst genug nimmt. Ein Buchhändler, der seinen Stolz darauf herauskehrt, welche Rechnungen er bezahlt bekommt und das als Argument gegen Blogger verwendet, macht mich da besonders misstrauisch. Das ist mir zu viel Selbstgewissheit und verfehlt überdies das Thema.
Die andere Seite: Offenbar schauen viele Verlage überhaupt nicht hin bei Blogs: Jedenfalls habe ich z.B. einen Blog gefunden, der nicht mehr macht, als den Waschzettel zu spiegeln. Und er bekommt dennoch massenweise „Rezensionsexamplare“. Auch die großen Verlage denken bei Blogs wohl: Die Masse macht es. Ich finde das immer traurig für die sorgfältigen Blogger. Denn dass die schwerer gefunden werden durch die Netzverspammung, schadet langfristig der Literatur, weil der potentielle Leser belabert und nicht informiert wird. (Er hat ja nur begrenzt Aufmerksamkeitsspanne.) Und es schadet dem Buchhandel: Dass es Bücher oft so schnell antiquarisch günstiger gibt, wird doch mit der Flut der schlecht adressierten Rezensionsexemplare zusammenhängen. Da lohnt es sich für den potentiellen Leser doch um so mehr abzuwarten und nicht in den Buchhandel zu gehen.
Es ist nicht zu viel verlangt von den Verlagen Bloganfragen zu prüfen: Die Gehaltlosigkeit eines Blogs erkennt man in wenigen Minuten. (Subjektiv sein ist ja OK! Aber man muss doch zumindest ETWAS sagen. Daran scheitert schon mancher.)
Jochen Kienbaum
(ja, auch so ein Blogger & Journalist)
"Der Job ist auch, die richtigen Bücher in ausreichenden Mengen zu verkaufen, um Ware, Miete, Löhne und die Krankenkasse zu bezahlen. Ich kenne nicht einen Blogger, dem das gelingt."
Ich kenne auch Keinen, weil kein (oder sagen wir der größte Teil) Blogger etwas verkauft. Ihr Vergleich ist in etwa so, als wenn der Inhaber eines Sportgeschäftes
sagt, er schaffe es, mehr zu verkaufen, als ein Jogger. Das eine ist ein Job, das andere ein Hobby. Äpfel und Birnen. I.d.R. gehen Blogger einer anders gearteten Tätigkeit nach und finanzieren mit ihrem Einkommen ihr Hobby. (Ja, webspace mit eigener Domain kostet Geld.) Kennen sie überhaupt einen Blogger? Sie kriegen Leseexemplare, ich kriege welche. Sie MÜSSEN was verkaufen, ich nicht. Wäre ich böse, würde ich jetzt fragen, wer sich wohl mehr Objektivität erlauben kann, ich bin aber nett und frage das nicht. So langsam hängt mir aber diese immer wieder propagierte Meinung vom gierigen rezensionsexemplarabgreifenden, tumben Hobby-Buchblogger auch zum Hals raus. Und natürlich gibt es Qualitätsunterschiede. Die sind sicher auch altersbedingt, ich freue mich aber ehrlich gesagt, wenn sich junge Menschen in Blogs über Bücher und/oder Literatur austauschen, auch wenn das mit dem Niveau mancher älterer und erfahrener Kollegen (noch) nicht mithalten kann. Und wenn ich von mir selber als Konsument ausgehe, dürfte der Buchhandel eher unter meiner Gewohnheit der On-leihe, des Büchertauschs und vor Allem dem Gebrauch des Projekts Gutenberg leiden, denn unter den paar Rezensionsexemplaren. Ich werde in diesem Leben keine Klassiker mehr kaufen.