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Mahmud Doulatabadi auf Lesereise durch Deutschland

21. Oktober 2009
von Börsenblatt
"Der Colonel“ heißt der jüngste Roman des prominentesten iranischen Gegenwartsautors Mahmud Doulatabadi (Unionsverlag). Das Buch, das vom Schicksal eines alten Offiziers des Schah-Regimes nach der islamischen Revolution erzählt, durfte in Teheran bisher nicht erscheinen. Jetzt ist der Autor auf Lesereise durch Deutschland, gestern Abend stellte er den Roman mit seinem Übersetzer Bahman Nirumand im Berliner Literaturhaus vor.
Der fast Siebzigjährige erzählt bedächtig, jedes Wort abwägend von seiner schwierigen, immer gefährdeten Existenz als unabhängiger Schriftsteller in Teheran. Seinen Roman "Der Colonel“, der ein radikal düsteres, aber vielschichtiges Bild der Jahre nach der Revolution zeichnet, hatte er bereits 1983 zu schreiben begonnen, das Manuskript aber erst 2008 bei der Zensurbehörde eingereicht. Zuvor schien ihm die Zeit für eine Veröffentlichung nicht reif zu sein. Doch obwohl Doulatabadi im Iran nicht als politischer Aktivist gilt, begegnen ihm die religiösen und staatlichen Behörden ständig mit Argwohn und Misstrauen. So wird ihm auch bis heute die Druckgenehmigung für diesen Roman verwehrt, nur eine deutsche Übersetzung darf bisher erscheinen. „Die Zensoren meinen, es sei ein Meisterwerk, aus dem man unmöglich einzelne Passagen streichen könne“, sagt Doulatabadi und lächelt bitter. In den Archiven der Wächter werden noch ein weiteres Romanmanuskript und eines seiner Theaterstücke unter Verschluss gehalten. "So ist das Leben bei uns“, meint er lapidar. Weiteres gibt er nicht preis. Der "Rest“ ist nachzulesen, in seinen in viele Sprachen übersetzten Romanen. Es gebe heute keinen iranischen Autor, wird ihm während seiner vierzehntägigen Lesereise wiederholt bescheinigt, der mit der Geschichte seines Landes so rigoros, so offen und so unbarmherzlich umgehe. Nach Auftritten zur  Frankfurter Buchmesse und dem gestrigen Abend in Berlin wird Mahmud Doulatabadi am nächsten Wochenende noch in Karlsruhe und Heidelberg zu erleben sein und dann zurückkehren nach Teheran.