Die französische Politikerin Isabelle Attard (Calvados) und der Universitätsmitarbeiter Olivier Ertzscheid von der Universität Nantes haben das Tagebuch der Anne Frank im niederländischen Original publiziert und berufen sich auf die erloschene Schutzfrist, die nach EU-Richtlinie 70 Jahre nach Tod des Autors endet und Werke gemeinfrei werden – im Fall der 1945 von den Nazis ermordeten Anne Frank war diese Frist zum Jahreswechsel abgelaufen.
Attard und Ertzscheid begründen ihre Tat als „Befreiung" des Textes und wollen nach eigener Aussage dazu beitragen, dass das Tagebuch auf diese Weise eine möglichst weite Verbreitung findet. Bislang wurde das Buch weltweit in verschiedenen Übersetzungen mehr als 30 Millionen Mal verkauft.
Damit setzen sich die beiden Franzosen jedoch möglicherweise über ein aktuelles Urteil des Landgerichts Amsterdams hinweg, das im speziellen Fall von Anne Franks Tagebüchern eine Ausnahme sieht (boersenblatt.net berichtete): 1986 war eine erweiterte Ausgabe der Tagebücher erschienen, nach Ansicht des Anne Frank Fonds in Basel, der die Rechte hält, hatte Anne Franks Vater Otto diese Ausgabe maßgeblich mitgestaltet und sei als Co-Autor anzusehen. Bis 2036 (50 Jahre nach Erscheinen der erweiterten Fassung) soll diese vollständige Ausgabe der Tagebücher geschützt seien, urteilte auch das Landgericht Amsterdam Ende vergangenen Jahres unter Ausklammerung der Frage der Co-Autorschaft in erster Instanz. Für wissenschaftliche Zwecke (Zitate) sei das Werk jedoch frei, allerdings wurde eine kommentierte Komplettausgabe auf bislang unbekannte Zeit verschoben.
Isabelle Attard und Olivier Ertzscheid drohen nach Auskunft der Anwälte des Fonds im schlimmsten Fall bis zu drei Jahre Haft und empfindliche Geldbußen – sollte Klage eingereicht werden.
Der Streit um die Rechte am Buch und die Gemeinfreiheit schwelt bereits seit mehreren Jahren.
Man muss sich jetzt einmal fragen, was dies überhaupt zu bedeuten hat,
wenn dieses Tagebuch mit den Übersetzungen, wie hier angegeben,
- ,mehr als 30 Millionen Exemplare verkauft` wurde.
Geht es wohl nur darum, um eine besondere Aufmerksamkeit für
Anne Frank zu erregen, oder wollen beide, die dieses Tagebuch Online
in das Internet stellten, explizit dieses Gerichtsurteil herausfordern.
Das Landgericht in Amsterdam stellte doch sehr deutlich seine Auffassung
des Urteils und die derzeitige Rechtslage dar.
Und ich denke, dass man sich darüber in keiner Weise hinwegsetzen sollte.
Für wissenschaftliche Zwecke (Zitate) ist das Tagebuch von Anne Frank frei.
Und dies sollte doch Forschungen genügen.
Otto Frank hat einzig und allein einige Seiten, die seine Privatsphäre berührten, aus dem Tagebuch seiner Tochter herausgetrennt. Hier geht es - wie so oft - alleine ums Geld. Im Übrigen gab es ein solch peinliches Gerangel auch bei dem Werk von Janusz Korczak. Um die unentgeltliche Nutzung zu unterbinden, berief sich der bisherige Rechteinhaber, das Polnische Buchinstitut, auf die Tatsache, dass nicht mit Genauigkeit gesagt werden kann, wann Korczak in Treblinka ermordet wurde (5. oder 6. August 1942). Daher wurde bisher 1945 als Zeitpunkt des Todes angenommen, wie bei allen, die aus dem Krieg nicht zurückgekehrt sind, wodurch drei Jahre gewonnen wurden. Nun hat ein polnisches Gericht dem widersprochen und den 7. August 1942 als maßgebend festgelegt. Als Autor trete ich entschieden für die Schutzfrist von 70 Jahren ein, bin jedoch der Meinung, dass in beiden Fällen der Bogen deutlich überspannt wurde. Leichenfledderei...