Steuern

Tatort Kasse

15. September 2016
Redaktion Börsenblatt
Im Kampf gegen Steuerhinterziehung müssen elektronische Registrierkassen ab 2017 strengere Voraussetzungen erfüllen. Ab 2020 sollen sie sogar zertifiziert sein. Steuerberater Jürgen Pankow erklärt, was Buchhändler zu beachten haben.

Bareinnahmen, die nicht in der Kasse auftauchen, sind für ­steuerliche Zwecke nicht existent: Das macht die Kasse zu einem der sensibelsten Punkte im Unternehmen – und leider auch zu einem beliebten Angriffspunkt bei der Betriebsprüfung. Denn formale Mängel in der Kassenführung können zu empfindlichen Anpassungen der steuerlichen Bemessungsgrundlage führen, was oft handfeste Steuernachzahlungen bedeutet.

Damit aber nicht genug: Das Finanzamt kann auch die Kasse selbst beanstanden. Ein Anlass dazu kann das Auslaufen einer wichtigen Übergangsfrist zum 31. Dezember 2016 sein, nach der die Kasse gemäß den Vorgaben des Finanzamts umgerüstet sein muss – möglicherweise. Vielleicht ist sogar eine Neuanschaffung nötig, wenn eine Umstellung technisch (zum Beispiel wegen des Alters oder des Typs der Kasse) nicht mehr möglich ist. Kommt der Buchhändler den verschärften Anforderungen des Finanzamts nicht nach, wird im schlimmsten Fall die Ordnungsmäßigkeit seiner gesamten Buchführung infrage gestellt. Und wenn das Finanzamt daraufhin die Einkünfte schätzt, geht das für den ­Steuerpflichtigen selten gut aus.

Die verschärften Anforderungen an Kassensysteme sind derzeit in aller Munde; gerade hat der Handelsverband Deutschland (HDE) gemahnt, dass die Händler wegen der Sicherungsmaßnahmen an der Kasse nicht zu unverhältnismäßig hohen Aufrüstungskosten verpflichtet werden sollten. Aber bis wann müssen welche Kassensysteme welche Anforderungen erfüllen? Und was ist bei der Kassenführung zu beachten?

Offene Ladenkasse  

Die offene Ladenkasse ist eine rein manuelle oder mechanische Einrichtung, etwa eine Schublade mit Fächern, Geldkassette oder ähnlichem, die ohne jegliche technische Unterstützung geführt wird. Die offene Ladenkasse eignet sich nur für Unternehmen mit eher überschaubaren Geschäftsvorfällen. Für den Großteil des Einzelhandels hat sie sich wegen ­ihrer Unpraktikabilität zur Abwicklung einer größeren Anzahl an Geschäftsvorfällen und wegen ihrer Fehleranfällig­keit überlebt. Arbeitet der Buchhändler mit einer offenen Ladenkasse, muss er grundsätzlich 

  • täglich zum Geschäftsschluss den Inhalt der Kasse exakt zählen und ein Zählprotokoll anfertigen, 
  • den Bestand schriftlich in einem fortlaufend nummerierten Kassen­bericht festhalten, aus dem sich die Tageslosung ergibt, 
  • sowie ein Kassenbuch zur chronologischen Aufzeichnung der baren Geschäftsvorfälle führen. 

Die anfallenden Kassenzettel / Bons sind in jedem Fall zehn Jahre lang aufzubewahren.

Elektronische Systeme  

Nach den Vorgaben der Finanzverwaltung sind spätestens ab dem 1. Januar 2017 folgende Anforderungen für elektronische Kassensysteme zu erfüllen:

  • Der Grundsatz der Einzelaufzeichnung lautet: Alle relevanten Daten des Kassensystems, insbesondere elektronisch erzeugte Rechnungen und Belege, müssen unveränderbar abgespeichert und vollständig aufbewahrt werden.
  • Ebenso aufzuzeichnen sind Journal-, Auswertungs-, Programmier- und Stammänderungsdaten. Kasseneinnahmen und -ausgaben sollen täglich aufgezeichnet werden.
  • Die Erfassung der Geschäftsvorfälle darf nicht unterdrückt werden, das heißt, eine Bon- oder Rechnungs­erteilung ohne Erfassung der vereinnahmten Beträge ist unzulässig.
  • Daten müssen über einen Zeitraum von zehn Jahren verlustfrei gespeichert werden können. Bedienungs­anleitungen sowie Handbücher und Wartungsprotokolle sind ebenfalls zehn Jahre lang aufzubewahren.
  • Alle relevanten Daten müssen für den Zugriff des Finanzamts jederzeit verfügbar und unverzüglich lesbar gemacht werden können.

Dass eine Registrierkasse bauart­bedingt den gesetzlichen Anforderungen nicht oder nur teilweise genügt, wurde seit 2010 nicht beanstandet, auch wenn der Steuerpflichtige diese Registrierkasse bis zum 31. Dezember 2016 in seinem Betrieb weiterhin einsetzt. 

Aus der gesetzlichen Regelung ergibt sich die wesentliche Änderung, spätes­tens ab 1. Januar 2017 eine maschinelle Auswertbarkeit der vom Kassensystem erfassten Einzeldaten sicherzustellen. Ob eine eingesetzte Registrierkasse mit Druck- oder Schnittstellenfunktion oder eine PC-Kasse diese Möglichkeit bietet, sollte deshalb unverzüglich mit dem Kassenhersteller geklärt werden. Der Einsatz der anderen elektronischen Kassen­typen, Registrierkasse mit zwei Drucklaufwerken und Registrierkasse mit einem Drucklaufwerk ohne Schnittstellenfunktion, ist mangels Daten­export, also wegen der fehlenden maschinellen Auswertbarkeit, nicht mehr erlaubt.

Verschärfungen ab 2020  

Das Bundeskabinett hat am 13. Juli 2016 den "Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen" beschlossen, der am 17. Oktober angehört werden soll. Die Einzelaufzeichnungspflicht im Fall der Verwendung elektronischer Kassen­systeme wird so gesetzlich normiert. Das eingesetzte Kassensystem muss zwingend vom Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik zertifiziert worden sein. Eine Registrierkassen- beziehungsweise Belegausgabepflicht hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen, das Führen einer offenen Ladenkasse ist also damit weiterhin zulässig.

Darüber hinaus soll eine sogenannte Kassennachschau als eine Möglichkeit der unangekündigten Prüfung der Ordnungsmäßigkeit von Kassensystemen eingeführt werden. Verstöße gegen die neuen Verpflichtungen zur ordnungs­gemäßen Nutzung der Kassensysteme sollen als Steuerordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 25 000 Euro geahndet werden können – unabhängig davon, ob ein steuerlicher Schaden entstanden ist. Außerdem ist eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamt möglich.

Wenn Buchhändler unsicher sind, ob ihre Kassensysteme den Anforderungen ab dem Kalenderjahr 2017 entsprechen, sollte entsprechend der gesetzlichen Vorschriften unbedingt eine ­Bestandsaufnahme gemacht und die Aufrüstung des Kassensystems oder die Neuanschaffung einer elektronischen Registrierkasse angegangen werden. Denn ab dem Kalenderjahr 2017 ist damit zu rechnen, dass die ­Finanzverwaltung verstärkt die Ordnungsmäßigkeit von Kassensystemen in den Fokus nimmt.  

Diplom-Finanzwirt (FH) Jürgen Pankow ist Geschäftsführer bei der Wetreu Hannover und als Steuerberater für den Börsenverein Landesverband Nord tätig