Stephan Joß wird heute 60 - Jürgen Horbach gratuliert

"Ein Kümmerer, ein Augenöffner"

22. August 2017
von Börsenblatt
Stephan Joß, kaufmännischer Geschäftsführer des Carl Hanser Verlags, ist immer dort, wo lose Enden verknüpft werden sollen. Sein Vorgänger Jürgen Horbach, heute Geschäftsführer bei KV&H, hat ihn beobachtet - bis hin zu den modischen Accessoires. Ein Glückwunsch zum 60. Geburtstag.

Neulich gab es bei Hanser ein Fest zum 60. Geburtstag des Künstlers Quint Buchholz, des unerschütterlichen Genauen, des Hinsehers und Augenöffners. Man muss sich die Hanser-Mitarbeiter als glückliche Menschen vorstellen, nicht nur der Autoren wegen. Ich dachte auf Stephan Joß zu treffen, der nun seit nahezu 20 Jahren kaufmännischer Geschäfts­führer des Hauses ist.

Er ist allerdings weit mehr als das. Er ist dort, wo lose Enden verknüpft werden sollen, man kann sagen, er bindet den Verlag zusammen. Hier die Literatur und das Kinderbuch, dort der technische Fachverlag. So ist es schon lange, und einer behält den Überblick. Die Harmonie ist groß, heißt es.

An diesem Abend hätte ich ihn gern am Ort seines Wirkens getroffen. An dem einen Ort, der andere, der Fachverlag, liegt gleich nebenan, um die Ecke sozusagen. Er ist der Kommunikative, der Kümmerer, der, der weiß, was die Mitarbeiter umtreibt, ein unermüdlicher Förderer auch, einer, der Weiterbildung nicht als Kosten, sondern als Chance für den Verlag versteht, ein Motivator. Seine Handschrift ist sichtbar.

Beide haben wir in Freiburg an der staatswissenschaftlichen Fakultät den Kritischen Rationalismus von Popper studiert. Das prägt. Im Zentrum steht die Vernunft, die um die Existenz der Unvernunft weiß. Wir glauben daran, dass Dinge und Vorgänge, manche komplex, manche subjektiv wahrgenommen, er- und begründbar sind, was in unserer Branche an sich schon eine Herausforderung ist. Komödie und Tragödie liegen oft nahe beieinander. Darum zu wissen, schafft auch eine heilsame Distanz zum mitunter bunten Treiben. Stephan Joß hat diese Fähigkeit zur Distanz, gleichwohl ist er sehr nahe dran an den Geschehnissen im Verlag und in der Branche. Immer geht es ihm vernunftgeleitet um die konkrete und naheliegende Verbesserung der bestehenden Zustände.

Großmeister der konstruktiven kaufmännisch-unternehmerischen Kritik

Kritik kommt in unserer Branche nicht nur als Literaturkritik vor. Nur ganz wenige Kaufleute haben freilich die wissende Gelassenheit, die vornehmste Voraussetzung für wirksame Kritik, erreicht. Dazu gehört Übersicht.

Der drachensteigende Stephan Joß weiß den Aufwind zu nutzen. Wir brauchen neben den literarischen solche kaufmännischen Kritikertypen, damit die Buchbranche funktioniert. Analysefähigkeit, Furchtlosigkeit, Unabhängigkeit, die Gabe, im rechten Maß zu kommunizieren, und eine Persönlichkeit, die das Eigene mit Überzeugung tut, gehören dazu.

Stephan Joß ist der Großmeister der konstruktiven kaufmännisch-unternehmerischen Kritik. Raddatz nicht unähnlich, spielen auch modische Accessoires eine Rolle. Schuhe, Hemden, Jacketts – neben Stephan Joß fühlt man sich stets wie von Otto ausgestattet. Seit Raddatz, Memoiren weiß man, dass auch das Outfit der Wahrheitsfindung dient.

"Joß ist der beste Horbach, den wir je hatten"

Nachdem Stephan Joß etwa ein Jahr bei Hanser als mein Nachfolger als kaufmännischer Geschäftsführer amtiert hatte, sprach der damals große alte Mann des Verlags, Joachim Spencker, bei einem Mittagessen: "Sie werden das nicht gerne hören, aber Joß ist der beste Horbach, den wir je hatten."

So war es oft. Ob in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Haushaltsausschusses, der freundlich, kenntnisreich und bestimmt mein Tun als Schatzmeister des Börsen­vereins übersah, als Gesellschaftervertreter beim Verlegerdienst München, bei dtv und dem HörVerlag, als Bauherr bei Hanser oder als Vorsitzender des Bauausschusses für das neue Gebäude der Börsenvereinsgruppe oder als Beirats­vorsitzender des mediacampus, stets war der Jüngere auch der Beste. Seine mit Tiefenhumor – so eine häufige Zuhörerin – auf den Punkt gebrachten Reden im Verlag sind legendär.

Dass er einmal aus der Beratung kam, hat man ihm Gott sei Dank nie angemerkt. Ein politischer Mensch ist er – wer kein politisches Gespür hat, hat auch im Börsenverein nichts verloren –, dazu ein Familienmensch: Sport mit den Söhnen und ein geliebtes Refugium im Allgäu. Stephan D. Joß ist immer richtig da, wo er ist, ein Genauer, ein Hinseher und Augen­öffner.

Ein 60. Geburtstag ist nicht gerade der Beginn von allem, aber erst recht nicht das Gegenteil!
HIRZ LERZ NUCKWNÜSCH!

Zum Autor: Jürgen Horbach ist Geschäftsführer des Kalenderverlags KV&H - und war lange Schatzmeister des Börsenvereins.