Rückforderungen der VG Wort

Wagenbach streicht die "Zwiebel"

12. Oktober 2016
Redaktion Börsenblatt
Der Berliner Verlag Klaus Wagenbach wird erstmals keinen Jahresalmanach "Die Zwiebel" mit den jährlichen Neuerscheinungen produzieren − als Grund werden in einem offenen Brief nötige Einsparungen im Zuge der Rückforderungen der VG Wort genannt.

Die Wagenbach-Geschäftsführerin Susanne Schüssler schreibt darin:

"Obwohl die Mehrheit der Autoren und Übersetzer, aber auch die Bundesregierung überzeugt sind, dass die Verlage sehr wohl Leistungen erbringen, die in diesem Zusammenhang vergütet werden müssen, hat der BGH entschieden, dass nach derzeitiger Rechtslage die Verwertungsgesellschaft Wort die Verleger nicht an den Ausschüttungen beteiligen darf. Dies gilt für die Zukunft, aber auch rückwirkend. So ist die VG Wort gezwungen, die Verlagsanteile der Jahre 2012 bis 2015 wieder zurückzufordern.

Diese Entscheidung ist katastrophal. Sie ist nicht nur vollkommen blind für die Arbeit der Verlage, sie schwächt das Urheberrecht insgesamt und hat ökonomisch weitreichende Folgen.

Einerseits bedeutet sie einen Sieg für die Geräteindustrie, der nun die Begründung frei Haus geliefert wurde, nur noch den Autorenanteil an die Verwertungsgesellschaft zu bezahlen. Zum anderen wird sie vielen Verlagen große Schwierigkeiten bringen: Sie werden noch weniger ungewöhnliche, aufwendige und kostenträchtige Projekte wagen und finanzieren können.

Als Mitglied des Verwaltungsrats der VG Wort habe ich zusammen mit anderen Verlegern und mit Autoren – trotz mancher Auseinandersetzung – viele Jahre für die gemeinsame Rechteverwertung gekämpft. Umso mehr trifft mich diese Entscheidung.

Für unseren Verlag, der nicht gewinnorientiert arbeitet, heißt es, in allen Bereichen deutlich einzusparen. Am sichtbarsten wird dies bei der Leserinformation: Zum ersten Mal seit Gründung des Verlags 1964 werden wir keine 'Zwiebel' mit den jährlichen Neuerscheinungen und dem Gesamtverzeichnis produzieren und an die Buchhandlungen und Leser verschicken."

Diese notwendige Maßnahme treffe den Verlag und seine Autoren gleichermaßen, so Schüssler, die sich von den politisch Verantwortlichen in Berlin und Brüssel schnell eine Lösung für die Zukunft erhofft.