Rattenfänger-Literaturpreis 2018

Wieland Freund gewinnt mit "Krakonos"

18. April 2018
Redaktion Börsenblatt
Wieland Freund erhält für seinen Jugendroman "Krakonos" (Beltz & Gelberg) den Rattenfänger-Literaturpreis 2018 der Stadt Hameln, für den mehr als 200 Bücher eingereicht worden waren. Die Auszeichnung ist mit 5.000 Euro dotiert und wird am 2. November in Hameln überreicht.

In der Jury-Begründung heißt es: "Die Geschichte spielt im Berlin der unmittelbaren Zukunft. Deutschland hat sich in einen Hochsicherheitstrakt verwandelt, dessen Bürgerinnen und Bürger sich willig überwachen lassen. Nik und Levi besuchen die Qwip.com Academy, die sich, halb Kaderschmiede, halb Kinderbetreuungsdienst, um den Nachwuchs der Mitarbeitenden kümmert, die Tag und Nacht für das Internetunternehmen im Einsatz sind. Umgeben von Überwachungskameras, Monitoren und Touchscreens, wachsen die Brüder ohne Kontakt zur Natur auf. Doch Levi zieht es mächtig hinaus ins verbotene Brachland von Berlin-Adlershof; nichts fasziniert ihn so sehr wie eine Ratte, eine Spinne, ein Baum. Nik passt auf Levi auf und begleitet ihn bei den heimlichen Streifzügen; so vermeidet er, dass sein Bruder Ärger bekommt. Bis eines Tages ein schwarz geflügeltes Wesen auftaucht, das seine Gestalt verändern kann: Es ist der Rübezahl aus der Sage, auch Krakonos genannt. Ein Sondereinsatzkommando, mit Drohnen und Soldaten, ist hinter ihm her, das alle mythischen Wesen ruhigstellen will."

Vom ersten Satz an schaffe Freund "eine Stimmung der digitalisierten Paranoia und der Klaustrophobie", so die Jury weiter. Wie ein befreiendes Gegengift wirke in diesem Setting die frische, schnörkellose Sprache und die Abenteuerlust der differenziert gezeichneten jugendlichen Protagonisten, die sich nicht einschüchtern lassen und wissen wollen, was die Welt außerhalb ihrer behüteten Internetblase zu bieten hat. Tatsächlich gibt es dort draußen eine Menge gut gehüteter Geheimnisse, die darauf warten, von neugierigen Jugendlichen gelüftet zu werden.

Die Jury fährt fort: "Über die Figur des Krakonos macht der Roman eine wenig bekannte Seite der deutschen Überlieferung für die phantastische Literatur fruchtbar und setzt die mit unberechenbarer Natur, mit Wind und Wetter verbundene Figur in ein spannungsvolles Verhältnis zur virtuellen Wirklichkeit, in der Kontrolle das höchste Ziel zu sein scheint. Lebendig wird der Roman nicht zuletzt durch seine atmosphärisch starke Verortung in der wirklichen Welt – in der Landschaft um Berlin und bis zum Riesengebirge. Verwegene Gedanken, heißt es einmal im Roman, kämen zustanden, wenn man zwei sehr unterschiedliche Dinge kombiniert. Das gilt auch für 'Krakonos' selbst. Der Roman bietet eine abenteuerliche Lektüre für ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene, gibt Stoff zum Nachdenken – und lässt die Leserinnen und Leser eintauchen in eine ebenso unheimliche wie zauberhafte Welt."

Der Jury gehörten an: Christine Lötscher (Vorsitzende; Literaturwissenschaflerin, Zürich), Doris Hedemann (Dipl.-Bibliothekarin, Hameln), Claudia Maria Pecher (Institut für Jugendbuchforschung, Frankfurt am Main), Johannes Rüster (Lehrer und Literaturwissenschaftler, Nürnberg), Bernhard Schmitz (Bilderbuchmuseum, Troisdorf), Doris Schneider (Lehrerin, Hameln) und Peter Seiler (Buchhändler, Münster). Die Juryhat  zwölf Bücher ideell ausgezeichnet. Die Liste findet sich in der Pressemitteilung der Stadt Hameln.

Zum Autor

Wieland Freund, geboren 1969, arbeitet als Kulturjournalist und übersetzt auch aus dem Englischen. Er lebt mit seiner Familie in Berlin. Bei Beltz & Gelberg sind bereits mehrere Bücher von Wieland Freund erschienen.

Zum Preis

Der Rattenfänger-Literaturpreis wird seit 1984 alle zwei Jahre für herausragende Märchen- und Sagenbücher, fantastische Erzählungen, moderne Kunstmärchen oder Erzählungen aus dem Mittelalter für Kinder und Jugendliche vergeben.