Markus Michalek zum Ratgeber-Markt

"Für die Backlist ist es eher eng"

4. Oktober 2017
von Börsenblatt
Populäre Wissensbücher liegen im Trend, da sie den Lesern einen schnellen Zugang unbekannten Welten vermitteln, meint Markus Michalek. Der Literaturagent bei der Münchener AVA International erklärt, worauf es bei Ratgebern ankommt.

Welche Trends beobachten Sie im Bereich Sachbuch/Ratgeber?
Populäre Wissensvermittlung als Genre an sich ist gerade recht angesagt – der nicht fachbuchartige oder hochakademische Einblick in eine andere Welt, die wir so nicht kennen. So etwas wie "Das geheime Leben der Bäume" von Peter Wohlleben, das sogenannte "Nature Writing". Und sicherlich auch alles, was mit unserem Körper zu tun hat. Der Dauerbrenner "Darm mit Charme" von Giulia Enders ist hier erwartungsgemäß als "Mutter der populären Wissenschaftsbücher" zu nennen.

Kann man große Wissensgebiete auf hundert plus X Seiten abhandeln, so wie es manche Crossover-Ratgeber machen?
Das hängt vom Thema und vom Anspruch des Lesers ab. Zum Einstieg mögen Formate mit vielleicht hundert Seiten bereits geeignet sein – wer tiefer gehen möchte, ist ohnehin gut beraten, mehr als ein Buch zu lesen.

Warum sind populäre Wissensbücher so erfolgreich?
Wir haben immer weniger Zeit zur Verfügung, gleichzeitig wird unsere Gesellschaft immer pluralistischer und zugleich eben auch fragmentierter. Das setzt den bereits angesprochenen Zugang zu interessanten, zuvor unbekannten Welten frei, gleichzeitig wollen wir in dieser vielfältigen Welt mit einem knappen Zeitbudget aber auch möglichst viel erleben. Da passen populäre Wissensbücher perfekt rein.

Auf was achten Sie, wenn ein Ratgeber-Manuskript auf Ihrem Tisch liegt?
Ich schaue es mir vor allem unter Qualitätsaspekten an. Wie wird das Thema transportiert? Wie sieht das Titelumfeld aus? Wie zugänglich ist das Buch? Passt der Autor/die Autorin zum Thema? Die Absenderkompetenz sollte im Sachbuch generell hoch sein. Und: Für wen ist das Buch geschrieben? Es gibt ja vom gehobenen bis zum populären Sachbuch eine Vielzahl an Abstufungen.

Sind eher spröde, traditionelle Ratgeber heutzutage Ladenhüter?
Nein. Den Ratgebermarkt halte ich insgesamt für ziemlich stabil, Dauerbrenner wie Allen Carr mit seiner "Nichtraucherbibel" stehen auch nach Jahren noch auf der Bestsellerliste. Zudem ist ja auch eine eigene Ratgeberliste geplant – ein guter Marktbereich also. Für die Backlist aber ist es eher eng, da die Ladenflächen abnehmen und der Fokus eben auf den Novitäten liegt. Der Kunde verlangt zudem mehr als früher. Oft sind moderne Sachbücher und Ratgeber gekoppelt mit Webinaren, Youtube-Kanälen und dergleichen.

Welche gelungenen, modern umgesetzten Ratgeber sind Ihnen zuletzt aufgefallen?
Das gleichermaßen humorvolle wie informative Buch "Die Schlagfertigkeitsqueen" von Nicole Staudinger wäre ein solcher Fall – übrigens ein Buch, das in der Kombination mit Veranstaltungen bestens funktioniert und von der "SZ" zum Ratgeber der neuen Art geadelt wurde. Viele Ratgeber-Autoren haben eine tolle Bühnenpräsenz, gerade wenn eine Speaker- oder Coaching- und eine Autorentätigkeit zusammenfallen. Und zu den Mischformen als Beispiel ein von mir betreutes Buch, wenn ich das nennen darf: "Die Entdeckung des Glücks" von Isabell Prophet, eine interessante Lektüre zu den Themenfeldern Arbeit und Glücksforschung. Ein Buch für alle, die gern auf populärwissenschaftlicher Basis wissen wollen, wie sich das Glück am Arbeitsplatz finden lässt – denn dort verbringen wir bekanntlich sehr viel Zeit unseres Lebens.

Markus Michalek ist Literaturagent bei der Münchener AVA International, die viele Ratgeberthemen vermittelt.

Mehr zum Thema finden Sie im Börsenblatt Spezial Ratgeber, Heft 40, das am 5. Oktober erscheint.