Interview zum Start von jumpbooks

"Wir können das Backlist-Gold neu erschließen"

7. April 2016
von Börsenblatt
Der Digitalverlag dotbooks befindet sich weiter auf Expansionskurs: Nach der Gründung des eigenständigen Verlags venusbooks im Februar 2015 starten Beate Kuckertz und ihr Team jetzt das dotbooks-Imprint jumpbooks mit digitalem Lesestoff für Kinder ab acht Jahre und für Jugendliche. boersenblatt.net sprach mit dotbooks-Geschäftsführerin Beate Kuckertz, Lektorin Susann Harring und Programmleiter Timothy Sonderhüsken.     

Die Euphorie für E-Books hat letztes Jahr merklich nachgelassen: Aus welchen Überlegungen heraus haben Sie nun jumpbooks gegründet?

Beate Kuckertz: Als reiner Digitalverlag spüren wir das Abflachen der Wachstumskurve, worüber viele Printverlage klagen, nicht – stattdessen freuen wir uns über weiterhin steigende Absätze und Umsätze. Deshalb lag das Segment Kinder- und Jugendbuch nahe, als wir uns vor einigen Monaten überlegten, welchen Programmbereich wir nach dotbooks, wo wir thematisch breit aufgestellt sind, und dem auf erotische Unterhaltung spezialisierten Verlag venusbooks in Angriff nehmen sollten.

Susann Harring: Von Astrid Lindgren gibt es die schöne Aussage, dass das größte Abenteuer der Kindheit das Leseabenteuer ist – daran ändert sich auch im Zeitalter der E-Books und E-Reader nichts. Hinzu kommt, dass neben E-Readern vor allem Smartphones und Tablets aus der Welt junger Menschen nicht mehr wegzudenken sind – einer aktuellen Studie nach lesen bereits 30 Prozent der "Digital Natives" auf ihrem Handy. Darauf reagieren wir mit jumpbooks und einem exakt auf die junge Zielgruppe zugeschnittenen Programm.

Es sind schon Kinder- und Jugendbücher bei dotbooks erschienen. Hätten Sie nicht auf dieser Grundlage langsam weiterwachsen können?

Timothy Sonderhüsken: Langsam wachsen passt einfach nicht zu uns … dotbooks ist ein Verlag mit einem sehr breiten Programm, in dem die einzelnen Genres in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Wenn wir uns nun verstärkt im Kinder- und Jugendbuchbereich engagieren, macht es Sinn, dieses Verhältnis nicht zu verwässern – sondern den Bereich in einem neuen Imprint zu pflegen.

Wie gestaltet sich die Programmarbeit?

Timothy Sonderhüsken: Sehr erfreulich. Wir haben die Idee und unsere Strategie für jumpbooks auf der Frankfurter Buchmesse 2015 präsentiert. Die Agenten haben positiv auf unsere Pläne reagiert, sodass wir uns bereits einen großen Rechtekatalog sichern konnten. Es gibt viele Bücher, die einige Jahre erfolgreich waren, heute aber nicht mehr lieferbar sind, beispielsweise aufgrund der Nachdruckproblematik. Mit jumpbooks haben wir die Möglichkeit, dieses Backlist-Gold neu für den Buchhandel zu erschließen und jungen Lesern wieder zur Verfügung zu stellen. So wird Wolfgang Hohlbein mit diversen verkaufsstarken Titeln bei jumpbooks erscheinen, aber auch Autorinnen wie Marliese Arold und Sissi Flegel.

Susann Harring: Zu diesen bekannten Titeln gesellen sich Originalausgaben wie die Zukunftsvision "Blindes Misstrauen" von Swantje Oppermann oder "Poetry Love", der erste Jugendroman der im Kinderbuch bereits erfolgreichen Autorin Petra Steckelmann.

Wie ist das Verhältnis von "E-riginals" und digitalen Neuausgaben?

Beate Kuckertz: Das Verhältnis wird – ähnlich wie bei dotbooks – bei 40 Prozent Originalausgaben und 60 Prozent Neuausgaben liegen. Bei den Originalausgaben setzen wir verstärkt auf Jugendbücher, oft mit einem All-Age-Aspekt, im Kinderbuch ab acht Jahren auf Neuausgaben.
Wichtig ist, dass wir bei den Neuausgaben genauso kritisch und sorgfältig auswählen wie bei Originalausgaben: Manche Bücher sind inhaltlich und stilistisch einfach zu alt, andere können aktualisiert werden – und dann gibt es natürlich zeitlose Titel wie "Die Prinzen und der Drache" von Tanja Kinkel, das wir mit einem neuen Cover ins Rennen um die Lesergunst schicken.
 
Was tut jumpbooks für die Sichtbarkeit der Bücher?

Beate Kuckertz: Wir werden für jumpbooks die gleichen Maßnahmen ergreifen wie für dotbooks – das heißt, dass es eine eigene Website geben wird; und die intensive Bespielung verschiedener Social-Media-Kanäle wie Facebook, Twitter und Instagram ist für uns selbstverständlich. Zudem arbeiten wir daran, unseren bereits umfangreichen Blogger-Verteiler zu erweitern, um gezielt Kinder- und Jugendbuchblogger ansprechen zu können und auf unser Programm neugierig zu machen.
Gleichzeitig wissen wir, dass viele E-Book-Leser sich in einem geschlossenen System bewegen: Wer seinen Tolino bei Thalia gekauft hat, versorgt sich über den vorinstallierten Shop mit neuem Lesestoff. Das gilt natürlich auch für den Kindle und alle anderen E-Reader. Daher setzen wir auf gemeinsame Aktionen mit dem Handel – und sind natürlich auch für Ideen und Wünsche von stationären Buchhändlern immer offen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft von jumpbooks?

Susann Harring: Weiterhin einen so guten Lauf bei der Akquise – ich freue mich sehr, dass wir demnächst die beliebte Magic-Girls-Serie von Marliese Arold, die bei Ars Edition gestoppt wurde, bei jumpbooks neu auflegen und fortführen werden. Mit Gabriella Engelmann haben wir eine aktuelle Spiegel-Bestsellerautorin im Programm – und, und, und …

Timothy Sonderhüsken: Ich wünsche mir sowohl für jumpbooks als auch für dotbooks noch mehr Offenheit von den klassischen Printverlagen. Bei dotbooks nimmt das Lizenzgeschäft Fahrt auf – Verlage wie Gmeiner, Schwarzkopf & Schwarzkopf und Aufbau haben erkannt, dass sie mit klassischen Druckausgaben unserer E-Book-Erfolgstitel gute Umsätze erzielen. Allzu oft heißt es von großen Publikumsverlagen leider noch, dass ohne E-Book-Rechte bei ihnen gar nichts geht – während sie zeitgleich behaupten, dass E-Books nur einen kleinen Umsatzanteil haben ... Aber ich bin zuversichtlich, dass hier ein Umdenken stattfinden wird. Wer Printrechte bei uns einkauft, spart auf der einen Seite die teuren Übersetzungs-, Redaktions- und Korrektoratskosten und unterstützt auf der anderen Seite deutsche Autoren, was immer eine gute Idee ist.

Beate Kuckertz: Ich wünsche uns tolle und produktive Autoren, zufriedene Handelspartner und glückliche Leser. Klingt vielleicht banal, aber wenn diese Faktoren in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, dann läuft das Geschäft für alle gut. Und dann können wir uns bald der nächsten Verlagsgründung widmen.