Innovativer Hörspielwürfel im Buchhandel

Die Tonies kommen!

21. April 2016
Redaktion Börsenblatt

Die Revolution im Kinderzimmer beginnt im September: Die Toniebox will digitales Abspielgerät und Spielzeug zugleich sein. Ein Gespräch mit den Erfindern des Wunderwürfels Patric Faßbender und Marcus Stahl.

"Wir haben mit unserer Idee der Hörfiguren bei den Verlagen offene Türen eingerannt": Dieses Fazit zieht Patric Faßbender heute. Aus Ärger über ständig zerkratzte CDs und Kassettenbandsalat und weil er sich mit dem Gedanken nicht wohlfühlte, seinen 4- und 5-jährigen Töchtern ständig ein iPad in die Hand zu drücken, fing der Kreativdirektor und zweifache Familienvater an zu recherchieren: "Es kann doch nicht sein, dass es heute keine Möglichkeit gibt, Kindern digitale Contents kindgerecht zu servieren!" Weil er nicht fündig wurde, kam ihm eine Idee: Das perfekte Abspielgerät sollte robust sein, leichter zu bedienen als der Walkman seiner Jugendtage und vor allem – Kindern Spaß machen. 

Das Resultat ist so simpel wie genial: Bei der Toniebox wird gekippt und geklopft. Display? Fehlanzeige. Man stellt eine Hörfigur, zum Beispiel einen Olchi, Conni oder das Sams, auf einen Würfel und das Hörspiel startet wie von Zauberhand. NFC (Near field communication) macht es möglich. Die Figuren dienen zugleich als Spielzeug, erste Test­geräte stehen bei Faßbenders ganz "natürlich" inmitten von Playmobillandschaften. 

Video: Hier führt Patric Faßbender die Toniebox anhand eines Dummies vor:

Im April 2013 fasste Patric Faßbender den Entschluss, seinen Beruf an den Nagel zu hängen und ein Business aufzuziehen. Er holte Marcus Stahl mit ins Boot. Die beiden Düsseldorfer kannten und schätzen sich aus dem Kita-­Vorstand. Stahl ist ein Mann der Zahlen und der Technik – Ingenieuershintergrund. Die perfekte Ergänzung zu Faßbender.

Video: Patric Faßbender über seine Entscheidung, ein Abspielgerät für Kinderhörbücher zu entwickeln.

Auf der Jagd nach Lizenzen 

Seit zweieinhalb Jahren ziehen die beiden gemeinsam durch die Verlagsstädte, um Lizenzen einzukaufen und Mitgesellschafter zu finden. Weil die Hörfiguren – Tonies genannt – eine neue Lizenz­kategorie sind und für die Verlage eine neue Einnahmequelle darstellen, ist das Interesse groß: Kaum ein Verlag, der nicht Verträge für die populärsten Charaktere unterschrieben hat oder mit den beiden Gründern in Verhandlung steht. 

Die Nominierung beim Toy Award und der Sieg beim Red Dot Award für das beste Design zeugen vom Potenzial der Idee. Unter die Gesellschafter aus dem Freundes- und Bekanntenkreis haben sich die Familie Weitendorf und der Oetinger Verlag gemischt. 

Video: Patric Faßbender über Lizenzen von Kinderbuchverlagen

Im September werden die ersten 20 Tonies auf den Markt kommen – bis Weihnachten sollen es 30 sein. Die Erstausstattung mit Box und Figur wird bei knapp 80 Euro liegen. "Die Dramaturgie ist bis 2017 durchgetaktet", sagt Stahl mit Blick auf bevorstehende Kinofilme und den Schulbeginn. Als wichtigsten Absatzkanal hat er den Buch- und Spielwarenhandel im Blick. 

Kreativ werden 

Mit ihren Kreativ-Tonies haben Faßbender und Stahl ein weiteres As im Ärmel, mit ungeahnten Möglichkeiten: Über eine App können eigene Audiodateien auf die Toniebox übertragen oder mit ihr verknüpft werden. "Auf der Nürnberger Spielwarenmesse haben uns zahlreiche Anfragen dazu aus China, Südkorea, Skandina­vien und Amerika erreicht." 

Marcus Stahl über neue Zielgruppen für Kreativ-Tonies

Nicht nur im pädagogischen Bereich, auch für Erwachsene könnte das interessant sein: Der Partnerin via App eine Botschaft auf einen Tonie sprechen, eigene Hörspiele aufnehmen oder die Playlist mit den besten 100 Rocksongs starten, all das wird schon zum Start im September möglich sein – und noch vieles mehr ist denkbar. Wieso nicht andere Inhalte oder andere Geräte vernetzen und den Wunderwürfel aus dem Kinder- ins Wohnzimmer holen? An Ideen mangelt es Patric Faßbender und Marcus Stahl jedenfalls nicht.