Das Jahr 2015 wird wohl als annus horribilis in die Geschichte des Verlagsrechts eingehen. Im Frühjahr schockierte der Bundesgerichtshof die Branche mit einem Urteil, in dem er Bibliotheken zu digitalen Kopierstationen für urheberrechtlich geschützte Werke umfunktionierte. Im Sommer lehnten es die Finanzministerien von Bund und Ländern ab, die prohibitiven Regelungen zur Umsatzbesteuerung von Print-Online-Produktkombinationen ("E-Bundles") für die Branche besser handhabbar zu machen. Im Herbst veröffentlichte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einen Referentenentwurf, mit dem das schon länger problematische Urhebervertragsrecht um einige für Urheber und Verlage gleichermaßen schädliche Regelungen ergänzt werden soll. In den nächsten Tagen wird nun auch noch etwas geschehen, was in vielen Verlagen nicht nur die Zahlungen von Weihnachtsgeld an die Mitarbeiter in Frage stellen könnte: Gezwungen durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs müssen die VG Wort und andere deutsche Verwertungsgesellschaften jedem deutschen Verlag Schreiben senden, mit denen sie hohe Beträge zurückfordern, die im Jahr 2012 an die Verlage ausgeschüttet worden waren.
Ausgangspunkt: Das EuGH-Verfahren Hewlett Packard Belgium gegen Reprobel
Zum rechtlichen Hintergrund: Hewlett Packard und verschiedene andere Hersteller von Vervielfältigungsgeräten sind gegen die belgische Verwertungsgesellschaft Reprobel vor Gericht gezogen, um eine Verringerung der urheberrechtlichen Kopierabgaben für ihre Geräte zu erstreiten. Der Rechtstreit landete beim EuGH. Diesem wurde unter anderem die Frage vorgelegt, ob es mit europäischem Recht vereinbar ist, dass der belgische Gesetzgeber neben den Urhebern auch die Verlage von den Geräteabgaben profitieren lässt.
In seinem Urteil vom 12. November folgt der EuGH einer ausgesprochen simplen Argumentationslinie:
- Nach der Richtlinie 2001/29 der Europäischen Union muss den dort in Artikel 2 genannten Rechteinhabern vom Gesetzgeber ein gerechter Ausgleich zugesprochen werden, soweit ein Mitgliedsstaat der EU deren Rechte durch eine Privatkopieschranke einschränkt.
- Verlage sind in der Auflistung der Rechteinhaber in Artikel 2 nicht genannt. Der gerechte Ausgleich soll den Rechteinhabern den Nachteil ersetzen, den sie durch die Einschränkung ihres Vervielfältigungsrechts durch die Privatkopieschranke erleiden. Weil Verlage in der Richtlinie nicht genannt sind, haben sie kein eigenes solches Recht und es kann ihnen, der Logik folgend, auch kein Nachteil entstehen.
- Verlage können deshalb keinen Anteil an dem gerechten Ausgleich erhalten, wenn dadurch der gerechte Ausgleich für die Berechtigten geschmälert wird, und der Gesetzgeber darf eine solche Beteiligung nicht vorsehen.
Das Dilemma der Verwertungsgesellschaften
Das erwähnte Urteil betrifft zwar einen Fall aus Belgien und damit ein Rechtssystem, das sich in vielen Punkten wesentlich von den in Deutschland geschaffenen rechtlichen Strukturen unterscheidet. Auch hierzulande sind aber in den letzten Jahren verschiedene Urheber zu Gericht gezogen mit dem Ziel, Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften an Verlage zu unterbinden. Das erste Verfahren dieser Art hat der Autor Martin Vogel vor einigen Jahren gegen die VG Wort eröffnet. Nachdem Vogel mit seiner Klage – aus ganz anderen Gründen als den jetzt vom EuGH gefundenen – sowohl beim Landgericht als auch beim Oberlandesgericht München erfolgreich war, hat die VG Wort Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof, vor dem das Revisionsverfahren stattfindet, hat Ende 2014 beschlossen, den Prozess auszusetzen und darauf zu warten, wie der EuGH die Sache Hewlett Packard Belgium gegen Reprobel entscheidet.
Aufgrund der Risiken aus dem Verfahren Vogel gegen VG Wort hatten die VG Wort und andere Verwertungsgesellschaften bereits ihre Ausschüttungen an Autoren und Verlage in den Jahren 2012 bis 2014 unter Rückforderungsvorbehalt gestellt. Nach dem Aussetzungsbeschluss des Bundesgerichtshofs im Vogel-Verfahren hatte die VG Wort in 2015 nur Gelder an Verlage ausgeschüttet, die ihr für den Fall der Rückforderung eine schriftliche Rückzahlungsgarantie gegeben haben. Schon diese Maßnahmen basierten auf Gutachten von Anwälten, die von Geschäftsführung und Gremien der Verwertungsgesellschaft in Auftrag gegeben wurden, um Haftungsrisiken zu vermeiden.
Nach dem EuGH-Urteil vom 12. November haben sich VG Wort, GEMA und VG Bild-Kunst nun aktuelle Rechtsgutachten erstellen lassen. Darin sehen die juristischen Gutachter die Beteiligung von Verlagen an gesetzlichen Vergütungsansprüchen "mehr denn je in Frage gestellt". Wegen dieser verschlechterten Prognose raten sie den Gesellschaften zum einen, Einnahmen aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen bis zur Entscheidung des BGH im Fall Vogel ./. VG Wort nicht mehr an Verlage auszuschütten. Zum anderen weisen sie darauf hin, dass den Verlagen gegen die Rückforderung von Geldern, die sie in 2012 unter Vorbehalt erhalten haben, ab dem 1. Januar 2016 die Einrede der Verjährung möglich ist. Als Sicherungsmaßnahme empfehlen sie deshalb, die in 2012 an die Verlage geleisteten Ausschüttungen – alleine bei der VG Wort 40 Millionen Euro, über alle Verwertungsgesellschaften hinweg wohl an die 100 Millionen Euro – vorsichtshalber noch in 2015 in einer die Verjährung unterbrechenden Weise zurückzufordern.
Die Entscheidungsträger der Verwertungsgesellschaften hatten angesichts der ihnen in den Gutachten aufgezeigten persönlichen Haftungsrisiken keine andere Wahl, als die Einleitung der ihnen empfohlenen Sicherungsmaßnahmen zu beschließen. Dies führt dazu, dass alle Verlage, die im Jahr 2012 Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften bekommen haben, in den nächsten Tagen anwaltliche Schreiben erhalten, mit denen mit kurzer Frist die Rückzahlung dieser Beträge eingefordert wird.
Verjährungsverzichtserklärung als Ausweg
Der Erhalt eines solchen Schreibens bedeutet für die Verlage allerdings nicht, dass sie die geforderten Gelder tatsächlich sofort zurückzahlen müssen. Vielmehr haben sie die Wahl zwischen drei Möglichkeiten:
- Rückzahlung der geforderten Beträge. Wählt ein Verlag diese Option, dann bewahrt die Verwertungsgesellschaft die von ihm zurückgezahlte Summe so lange auf, bis sich die Rechtslage in Deutschland geklärt hat. Danach wird das Geld entweder erneut an den Verlag ausgezahlt oder von der Verwertungsgesellschaft entsprechend der dann geklärten rechtlichen Verhältnisse verwendet.
- Nichtstun. Entscheidet sich der Verlag dafür, der Rückforderung nicht zu entsprechen, muss er damit rechnen, dass er unmittelbar nach Verstreichen der gesetzten Zahlungsfrist einen Mahnbescheid über die fragliche Summe erhält. Legt er gegen diesen Widerspruch ein, wird innerhalb von sechs Monaten ein gerichtliches Verfahren eröffnet. In diesem kann der Verlag darlegen, warum er sich nicht zur Rückzahlung verpflichtet sieht. Er kann also rechtliche Gründe gegen den Anspruch vorbringen oder auch nachweisen, dass er – wie es in der Juristensprache heißt – "entreichert" ist, also das ihm gezahlte Geld sich nicht mehr in seinem Vermögen befindet.
- Abgabe einer Verjährungsverzichtserklärung. Die wohl einfachste und eleganteste Möglichkeit, mit der geltend gemachten Forderung umzugehen, ist die Abgabe einer sogenannten Verjährungsverzichtserklärung, die in dem Anwaltsschreiben der Verwertungsgesellschaft vorformuliert enthalten ist. Damit verzichtet der Verlag darauf, sich hinsichtlich der geltend gemachten Rückforderung – für eine bestimmte Zeit – auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Dadurch gewinnt die Verwertungsgesellschaft Zeit, die endgültige Klärung der deutschen Rechtssituation abzuwarten. Erst dann müssen ihre Gremien darüber entscheiden, ob die Ausschüttungen wirklich zurückgefordert werden müssen. Da bis zu einem abschließenden Urteil im Verfahren Vogel gegen VG Wort unter Umständen noch mehrere Jahre vergehen können, verschiebt sich durch die Wahl dieser Option auch die Entscheidung des Verlags, ob er sich eventuell später noch gegen die Rückforderung zur Wehr setzen will.
Wichtig für die Verlage ist auf jeden Fall, dem oder den Rückforderungsschreiben der von den Verwertungsgesellschaften beauftragten Anwaltskanzleien höchste Beachtung zu schenken und unverzüglich darauf zu reagieren. Wird ein Verlag nicht innerhalb der gesetzten Frist tätig, wird ein Mahnverfahren eingeleitet, das auch dann mit Kosten verbunden ist, wenn der Verlag seine Verjährungsverzichtserklärung verspätet abgibt.
Auswirkungen auf die Bilanz von Verlagen
Auch wenn sich ein Verlag dafür entscheidet, eine Verjährungsverzichtserklärung abzugeben und die juristische Klärung der Angelegenheit abzuwarten, wird er sich gleichwohl damit auseinandersetzen müssen, wie er in seinem Jahresabschluss 2015 mit der Forderung der Verwertungsgesellschaft umgeht. Entscheidet er sich aus kaufmännischer Vorsicht für die Bildung einer Rückstellung – wie es manche Verlage im Hinblick auf das Verfahren Vogel gegen VG Wort bereits für die Ausschüttungen 2012 bis 2014 getan haben −, dann wird dies unmittelbar ergebniswirksam und verschlechtert sein Jahresergebnis entsprechend.
Bei der Bewertung des Risikos, ob sich die Rückforderung der Gelder tatsächlich realisieren wird, ist allerdings unbedingt der jeweilige individuelle Sachverhalt zu analysieren. Auch wenn die spätere Rückforderung in den Augen der juristischen Gutachter "wahrscheinlicher denn je" ist, kann die Entscheidung des BGH nicht sicher vorhergesagt werden. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein eventuell für die Verlage negatives Urteil des BGH später durch das Bundesverfassungsgericht aufgehoben wird, das nach ständiger Rechtsprechung auch den Verlagen für die Nutzung ihrer Werke Schutz durch das Grundrecht auf Eigentum zubilligt.
Die Entscheidung über den bilanziellen Umgang mit dem Vorgang sollte jeder Verlag deshalb gründlich mit seinem rechtlichen Berater erörtern. Eventuell ist es auch möglich, mit der Aufstellung der Bilanz abzuwarten, wie das Verfahren Vogel ./. VG Wort weitergeht. Der Bundesgerichtshof hat die Verhandlung darüber für den 10. März 2016 angesetzt. Es kann – muss aber nicht – sein, dass eine Entscheidung des Gerichts schon am Folgetag ergeht.
Ausblick
Bleibt die Frage, wie es um die Perspektiven der Verlage für das Jahr 2016 bestellt ist. Hier ist zunächst einmal davon auszugehen, dass die Verwertungsgesellschaften zum Jahresende erneut – dieses Mal hinsichtlich der im Jahr 2013 erfolgten Ausschüttungen – mit Rückforderungsansprüchen an die Verlage herantreten müssen. Auch der Kampf an den verschiedenen juristischen Fronten wird zumindest für den Börsenverein unvermindert weitergehen. So unterstützt der Verband die Verfassungsbeschwerde des Ulmer-Verlags gegen das BGH-Urteil zu den digitalen Kopierstationen in Bibliotheken. Auf seine Anregung und Unterstützung hin ist zudem der Verlag C.H. Beck dem Verfahren Vogel gegen VG Wort beigetreten und hat dadurch die Option, ein eventuelles negatives Urteil gegen die Verlage vom Bundesverfassungsgericht auf Grundrechtsverstöße überprüfen zu lassen.
Von zentraler Bedeutung wird aber auch sein, ob es dem Börsenverein gemeinsam mit allen anderen europäischen Verlegerverbänden gelingen wird, die katastrophale Entscheidung des EuGH in Sachen Hewlett Packard Belgium gegen Reprobel für die Zukunft zu korrigieren. Dazu müssten EU-Kommission, EU-Parlament und der Ministerrat bewegt werden, im europäischen Recht ausdrücklich klarzustellen, dass Verlage an den Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften für gesetzliche Vergütungsansprüche zu beteiligen sind.
Bei all diesen Vorhaben, aber auch bei den Auseinandersetzungen um die Reform des Urhebervertragsrechts oder demnächst um die Einführung einer sog. Allgemeinen Bildungs- und Wissenschaftsschranke muss die Branche alle ihre Kräfte bündeln, um erfolgreich zu sein. Nur gemeinsam und zusammen mit den Autoren können wir dafür sorgen, dass die Branche einen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen behält, der kulturelle Vielfalt sichert und Urhebern, Verlagen und Buchhandel wirtschaftlichen Erfolg ermöglicht.
Bitte unterstützen Sie den Verband, wenn wir in unserer Arbeit in nächster Zeit direkt auf Sie zukommen, oder melden Sie sich in der Rechtsabteilung (rechtsabteilung@boev.de), wenn Sie über Ihre Kontakte Vorschläge für eine Unterstützung anbieten können.
Christian Sprang
so Sie in Zukunft Ihre Bücher im Eigenverlag in selbstständiger Arbeit veröffentlichen, sei Ihnen die vollständige Auszahlung der VG-Zuwendungen uneingeschränkt gegönnt. Ansonsten sollten Sie als wissenschaftlicher Autor darüber nachdenken, weshalb Sie fremde Menschen in Ihre Projekte einbinden wollen, ohne sie gleichberechtigt am Erlös teilhaben zu lassen. Vielleicht entspringt aber Ihr Unmut auch daher, weil Sie mit Ihrem bisherigen Verlag einen nachteiligen Vertrag abgeschlossen haben. So etwas hört man auch aus anderen wirtschaftlichen Bereichen und ist zumeist Anlass, andere Formen der Zusammenarbeit zu entwickeln.
@ Commonsense: Von besonderem Interesse sind vornehmlich die Ansprüche der Autoren zu Nachforderungen aus der Vergangenheit – Lesen Sie einfach weiter …
@ Rolf Thieme: Ihr Beitrag wird Monte Christo schwerlich dienlich sein, weil es so, wie es der EuGH formuliert hat, nicht darauf ankommt, wie der Verlagsvertrag ausformuliert ist ….
@ Monte Christo: Etwas mehr Sachlichkeit bezüglich der Verlage wünsche ich mir, weil die Verlage nur genommen haben, was Ihnen (seitens der VG Wort) angeboten und ausgekehrt wurde.
Mit bloßer Hoffnung auf Auskehrung Ihrer Ansprüche sind Sie vielleicht nicht sonderlich gut beraten. Möglichenfalls wollen Sie einen Anwalt aufsuchen, um ihre Ansprüche „richtig“ geltend zu machen. Dabei könnten Sie auch die Frage nach Verjährung ansprechen:
Nach dem Ergehen des EuGH im Reprobel-Urteil vom 12.11.2015, C 572/13 (dazu mein Beitrag oben: Ein Autor 17.12.2015 00:21h), welcher die belgische Verlegerbeteiligung an den Ausschüttungen der Reprobel bekanntlich für unionsrechtswidrig erklärt hat ist erstmals rechtssicher festgestellt, dass auch die von VG Wort in Deutschland praktizierte pauschale Beteiligung von Verlagen rechtswidrig war und ist. Nach dieser Klärung der Rechtslage könnten Ihnen Nachforderungsansprüche für die letzten zehn Jahre zustehen:
Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Regelverjährungsfrist von drei Jahren grundsätzlich am Ende desjenigen Jahres, in dem der Gläubiger (hier: der Kläger als Urheber) von der Person des Schuldners (hier: der Beklagten) und von den „anspruchsbegründenden Umständen“ Kenntnis erlangt hat. Es genügt also meist die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die rechtlich fehlerhafte Vorstellung, dass kein Anspruch gegeben ist, beeinflusst den Beginn der Verjährung normalerweise nicht. Dieser Grundsatz gilt indessen nicht, wenn die Rechtslage in einem Bereich so unübersichtlich oder zweifelhaft ist, so dass sie selbst ein „rechtskundiger Dritter“ nicht einzuschätzen vermag. Dann ist der Verjährungsbeginn wegen Rechtsunkenntnis bis zur Klärung der Rechtslage hinausgeschoben (etwa: BGH, NJW 1994, 3162, 3164; BGH NJW 1999, 2041, 2042; BGH NJW 1993, 648). So liegt der Fall möglichenfalls auch bei Ihnen. Bis zur erstmaligen außergerichtlichen Geltendmachung Ihrer Ansprüche jetzt im Jahre 2016 war es Ihnen wohl kaum nicht zuzumuten, die VG Wort auf Feststellung bzw. Leistung zu verklagen.
Vielmehr mussten und durften Sie wohl davon ausgehen, dass die Beteiligung der Verleger an den Ausschüttungen der VG Wort rechtmäßig ist. Erst seit dem Reprobel-Urteil des EuGH und die diesbezügliche Berichterstattung in Presse und Foren zeigte sich (Ihnen) augenfällig, dass Ihnen die VG Wort seit Jahr und Tag rechtswidrig Gelder vorenthalten hat. Eine formell endgültige Klärung der deutschen Rechtslage ist sogar erst mit dem Urteil des BGH in der Sache I ZR 198/13 zu erwarten; diese Sache wird im März 2016 erneut verhandelt.
Möglichenfalls hat die Regelverjährungsfrist von drei Jahren in Ihrem Falle noch nicht zu laufen begonnen und maßgeblich wäre danach allein die kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB. Also @ Monte Christo: Immer schön sachlich bleiben – alles Gute und viel Spaß.
Hier noch weitere Überlegungen von mir zu diesem Thema: http://www.lesen.net/forum/e-books-e-reader-allgemein/allgemeine-diskussion/20414-muenchner-erklaerung-der-ag-publikumsverlage/?postID=307410#post307410
@Alexander Setzer-Rubruck: Beim Leistungsschutzrecht wird die Leistung gegenüber einem Dritten geschützt, hier würde ein solches sich gegen den Urheber (nur zwei Parteien) richten!
@Joachim D.: Nun, ausprobieren. Verlage brauchen auch viel Zeit, um sich ein gewisses Prestige zu erarbeiten, und im Internet kann es solche Institutionen und Anlaufstellen ganz genauso geben, müssen sich aber erst noch mühsam heranbilden. Wenn weniger traditionell veröffentlicht wird, halte ich das nicht unbedingt für schlimm und einen Untergang der Kultur, da die schnelllebige Verwertungsindustrie auch oft immer nur wieder das gleiche als Neuheit neu herausbringt. Dank des Webs ist aber sichergestellt, dass jeder, der veröffentlichen will, dies auch kann, und wenn das Manuskript gut ist, findet sich auch jemand, der es aufpoliert, wir verlieren also nichts.
@Titus Häussermann: mit Ausnahme von e) würde ich erwarten, dass es hier um natürliche Personen als Urheber geht, die eventuell das oben genannte Vervielfältigungsrecht an ein Unternehmen ganz oder teilweise abtreten. Beim gerechten Ausgleich vermute ich, dass die natürlichen Personen, die Urheber, diesen Anspruch nicht abgetreten haben. Ob der Verlag oder Autor einbußen durch Privatkopien erleidet, ist unerheblich, weil der Verlag Autorenverträge eingegangen ist, obwohl er davon ausgehen musste, vom gerechten Ausgleich nichts abzubekommen, sofern dies nicht ausdrücklich geregelt wurde. Dass es ohne Verlag das Werk nicht gäbe, halte ich für unzutreffend angesichts der heutigen Möglichkeiten und der Beobachtung, dass das eigene Risiko, pauschale Vorschüsse und vorfinanzierte Garantiesummen ein furchtbar dämliches System ist, das halt in der Papierwelt noch Sinn gemacht hat, inzwischen aber risikolos anders organisiert werden kann. Bezüglich der Antwort an Holger Ehling: das ist nicht gut und billig, denn wem der Ausgleich für Privatkopien zukommen, ist Gegenstand eines Vertrags. Die Nutzungs- und Verwertungsrechte gehen nicht zwangsläufig sämtlich an den Verlag über, bei Auftragsarbeiten hingegen wäre dies nicht unüblich.
@Verlagsmensch (01.12.2015 10:08h): Jetzt ausgerechnet die Autoren für den Erhalt dieses Wirtschaftszweigs bezahlen sollen, die ohnehin schon sehr schlecht entlohnt werden für ihre Mühen? Nur, damit man weiterhin den Verkauf von Kopien als Geschäftsmodell aufrecht erhalten kann? Klar, bei Amazon ist es nicht besser, aber diese Suppe haben sich die Verlage und teils auch die Autoren selbst eingebrockt. Wenn es weniger herkömmliche Verlage gibt, ist vielleicht endlich die Zeit gekommen für die besseren Alternativen zu Amazon, und dann kriegen die ganzen Verleger und Buchhändler auch gleich wieder einen neuen Job, denn zu tun gibt es genug. Man darf ja nicht vergessen, dass sich die Branche bei einer Reihe von Themen höchst feindselig verhält und darum die Gegenliebe langsam etwas nachlässt.
@Anderer Verlagsmensch: Sehr schöne Lösung, wo der Verlag zum Lektorats-Dienstleister geworden ist (ich gehe davon aus, Lektor und Verleger in Personalunion, denn anders gibt es ja auch keinen urheberrechtlichen Anspruch).
@Verlagsmensch (01.12.2015 16:09h): So einfach geht das nicht. Wenn es gewisse ästhetische Ansprüche, Special Interest und die Chance auf Autorenschaft gibt, können diese auch ohne ein Verlagsprofil bedient werden. Der Blick in die Glaskugel wäre gar nicht nötig gewesen, einer in die Vergangenheit hätte völlig ausgereicht, auch hinsichtlich der falschen Heilsversprecher wie Amazon, Apple oder Tolino. Besorgter Leser meint nicht neue Herausforderungen, sondern andere. Die Branche beschäftigt verpulvert ihre Energie an den falschen Herausforderungen. Vielen Dank jedenfalls für Ihren Bericht aus der Praxis als Mitarbeiter/in eines betroffenen Verlags! Wissen Sie zufällig, ab wann die VG Wort angefangen hat, einfach Geld zu überweisen? Ist das einfach so passiert und niemand hat richtig nachgeschaut, wie das eigentlich sein kann? Ging Ihr Unternehmen schlicht davon aus, dass das schon seine Richtigkeit haben würde, weil Privatkopien ja in der Tat zu Lasten des Verlegers gehen können? Wie ist das mit der Satzung von VG Wort, gibt es da vielleicht einen Verstoß dagegen, dass die Gesellschaft Rechteverwerter gar nicht erst hätte aufnehmen dürfen? Hat Ihr Unternehmen sich schon mal für die Verschärfung des Urheberrechts eingesetzt, DRM verwendet oder sich nicht für einen drastischen Rückbau und eine Vereinfachung des Urheberrechts ausgesprochen? Hat Ihr Unternehmen Versuche unternommen, unter den neuen digitalen Gegebenheiten neue Modelle zu etablieren? Hat Ihr Verlag einen guten Draht zu seinen Autoren, sodass diese womöglich evtl. nicht alle, aber doch ein überwiegender Teil bereit wäre, auf die Auszahlungen zu verzichten? Kann Ihr Verlag, wenn ihm ein wirtschaftlicher Schaden durch die nur verspätet mögliche Rückzahlung entsteht, die VG Wort dafür belangen? Haben Sie sich schon mal damit befasst, was für Konsequenzen dieser ganze Unfug für Leser und Gesellschaft hat? Am Ende sind ja alle unzufrieden, wenn es so weiter geht wie bisher oder gar noch schlimmer -- stattdessen sollte schnellstmöglich umgedacht werden, wenn es nicht schon zu spät ist.
@shy: Heißt das, Herr Justizminister Maas unterstützt inhaltlich die Münchner Erklärung?
@Matthias Ulmer (04.12.2015 13:04h): Nein, nein, nein. Diese Rechte gibt es so lange noch nicht, denn vor der allgemeinen Verbreitung von Digitaltechnologie, was hätte da ein Recht auf Privatkopie schon für eine Relevanz gehabt? Die Beschränkungen auf Nutzerseite gehen heutzutage eindeutig viel zu weit, weshalb sie dringend zurückgebaut werden müssen und z.B. Privatkopie-, DRM-Umgehungs und Download-Recht uneingeschränkt gelten sollen, wenn das Urheberrecht schon nicht grunderneuert wird. Die Privatkopie als reine Beschränkung der Rechte des Verwerters darzustellen, können Sie natürlich nur unter Berücksichtigung eines kurzen Zeitraums, freilich auch in eigenen Interesse. Den Anspruch auf Entschädigung gemäß des Grundgesetzes, nehmen Sie den auch aus dem Schutz des Eigentums -- Eigentum, welches womöglich gar nicht verschafft wurde in diesem Fall? Oder worauf beziehen Sie sich? Sie mögen Recht haben, dass der überwiegende Teil der Verbände (auch Schriftsteller) die Privatkopie Zulasten des Verlegers sieht, ungeachtet dessen stellt Herr Martin Vogel aber wohl fest, dass nach geltendem Recht (!) diese Ansprüche allein den Urhebern zustehen, ganz gleich, für wie gerecht oder ungerecht man das halten mag. Bei Rechten für den Leser/Nutzer fragt ja auch keiner, wieso sollte das jetzt bei den Verlagen anders sein? Nur weil die mehr Geld (möglicherweise jenes, welches sie von der VG Wort erhalten haben) in ihre Lobby investieren können und sich dann die Bundesregierung, Gesetzgeber und Justizminister entsprechend verhalten?
Habe ich irgendwo einen Denk- oder Kenntnisfehler? Basiert Ihre Argumentation darauf, dass dem Verlag heute irgendwo ausdrücklich das Recht auf einen Anteil von der Privatkopie-Entschädigung zugesprochen wird und wenn ja, wo findet sich diese Angabe?
@Autorenverlag (08.12.2015 15:54h): Inwiefern widerspricht die EU-Richtlinie dem Grundgesetz? Die Annahme ist doch, dass laut geltendem Recht der Verlag kein Beteiligter ist, weil der Interessensausgleich zwischen Autor und Öffentlichkeit geschieht, oder?
@Ein Autor: Wenn dem so ist, dass die VG Wort eine Gesellschaft nach diesen Vorgaben ist, hat wohl kein Autor und auch kein Verlag (der dort womölgich seine Nutzungsrechte eingebracht hat) diese dazu berechtigt, den gerechten Ausgleich entgegenzunehmen, oder? Sondern die VG Wort hat diese Abgaben einfach erhoben und irgendwie ausgeschüttet, sodass der Autor Ansprüche an den Staat hat, VG Wort an den Staat zurückzahlen müsste und dafür das Geld von den Verlagen wiederhaben muss oder so ähnlich? Was der Urheber aber tun kann, wäre, dem Verlag im Autorenvertrag einen Teil der oder alle Entschädigungsansprüche abzutreten, sprich: ein Verlag würde diese Rechte einfordern, wenn der Autor per Risikoinvestment veröffentlichen will, die Privatkopie-Gelder wären demnach Gegenstand der Vertragsverhandlung. Auch wenn der Gesetzgeber dies logischerweise nicht vorsehen darf, weil die Urheberrechtskonzeption sagt, der Urheber hat erstmal alle Rechte und kann diese dann veräußern.
@Autorenverlag (19.12.2015 11:34h): Ich denke nicht, dass Verlage durch die Kopierschrankenbestimmung enteignet wurden, denn die Schranke beschränkt das sonst uneingeschränkte Verfügungsrecht des Urhebers über sein Werk. Urheber sind immer natürliche Personen, wobei ein Lektor als Mitarbeiter eines Verlags oder bei Auftragsarbeit seine Rechte wohl vollumfänglich an den Verlag abtritt (dass der Verlag auf diese Weise doch anspruchsberechtigt sein könnte, hätte Herr Ulmer anführen können). Wie macht man das also bei so einem Lektor, nimmt man einen Anspruch am gerechten Ausgleich zu gleichen Teilen aller beteiligten Urheber an, von denen einige unter die Verfügungshoheit des Verlags entfallen, wenn das im Autorenvertrag nicht geregelt ist?
es kann doch nicht Euer Ernst sein, dass Ihren von uns teuer bezahlten Hausjuristen nichts anderes einfällt als "elegant auf die Verjährung zu verzichten"? Es sollte zunächst einmal das BGH-Urteil abgewartet werden bzw. auf diese Umsetzung der Entscheidung sollte entsprechend Einfluss genommen werden, da dem BGH möglicherweise auch Differenzierungen zwischen verschiedenen Arten von Verträgen, Verlagen, Abtretungserklärungen usw. auffallen. Rechtliche Regelungen sind ja selten eindeutig. Auch in diesem Fall, meine ich, kommt es mal wieder auf die Details an.
Oder paktieren Sie mit der VG Wort?
Ihr erstes Interesse sollte sein, Ihren Mitgliedsunternehmen harte Rückzahlungen zu ersparen!
MfG - ein Verleger