Einzelhandels-Vermietungen in 1a-Lagen

Sinkende Spitzenmieten

25. April 2017
von Börsenblatt
Für die zehn wichtigsten deutschen Metropolen (Big 10) prognostiziert das Beratungsunternehmen Jones Lang Lasalle (JLL) für das erste Halbjahr im Schnitt einen Rückgang der Höhe der Spitzenmieten bei Neuvermietungen im Einzelhandel um 1,0 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Damit sei dieser Wert erstmals seit 2004 rückläufig.

Das geht aus dem Einzelhandelsmarktüberblick für das erste Quartal 2017 zu Vermietungen in Innenstadtlagen hervor, den JLL ermittelt hat. Auch der Anteil von 33 Prozent (Vorjahresquartal: 39 Prozent) bei den Mietvertragsabschlüssen (81 von insgesamt 244) von Januar bis März bedeute für die Big 10 ein "historisches Tief", so JLL. Gleiches gelte für den Anteil von 18 Prozent am Flächenumsatz (23.100 Quadratmeter von insgesamt 126.500 Quadratmetern neu vermieteten Geschäftsflächen). Von Januar bis März 2016 waren es noch 36.300 Quadratmeter (Anteil am gesamten Flächenumsatz: 30 Prozent).

Spitzenmieten fallen insgesamt

Am stärksten soll laut JLL die Spitzenmiete (Euro/m²/Monat) bei den Big 10 im ersten Halbjahr in Berlin (Tauentzienstraße) sinken: Von 350 Euro (erstes Halbjahr 2016) auf 330 Euro (-6 Prozent). Gefolgt von Hannover (Georgstraße), wo diese um 5 Prozent auf 190 Euro fällt. Bei den anderen Big 10-Standorten bleiben die Spitzenmieten unverändert, einzig in der Kölner Schildergasse steigen sie um zwei Prozent auf 260 Euro.

Im Schnitt aller untersuchten 185 untersuchten Einzelhandelslagen erwarten die JLL-Experten einen Rückgang der Spitzenmieten um 1,7 Prozent im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

"Mehr als ein Jahr hatten die Spitzenmieten in fast allen Städten auf einem hohen Niveau stagniert", sagt Dirk Wichner, Head of Retail Leasing JLL Germany: "Das war ein klares Signal dafür, dass der Handel sein Limit erreicht hat und den Mieten nun noch schwerlich den nötigen Umsatz entgegenbringen kann. Das gilt vor allem für den verunsicherten Textilhandel – bislang der Hauptumsatzbringer im Einzelhandel." Nur in Ausnahmefällen würden Händler hohe Mieten in prestigeträchtigen Lagen aufwenden, um mit Flagship-Stores und ihrer Marke prominent präsent zu sein.

Big 10: Flächenumsatz schrumpft

Flächenumsatz in den Big 10-Städten (Quadratmeter der Neuvermietungen) im ersten Quartal (Veränderung zum Vorjahresquartal; Rang im Vorjahresquartal):

  1. Hamburg: 8.700 (+190 Prozent; Platz 7)
  2. Berlin: 4.200 (+2 Prozent; Platz 3)
  3. Köln: 2.900 (-9 Prozent; Platz 5)
  4. Stuttgart: 2.300 (-77 Prozent; Platz 1)
  5. Düsseldorf: 1.600 (-50 Prozent; Platz 5)
  6. Frankfurt/Main: (-66 Prozent; Platz 3)
  7. Nürnberg: 600 (unverändert; Platz 9)
  8. München: 600 (-88 Prozent; Platz 2)
  9. Leipzig: 400 (-85 Prozent; Platz 8)
  10. Hannover: 200 (-60 Prozent; Platz 10)

Weitere Trends: Kleinere Flächen und Mittelstädte punkten

Die durchschnittlich vermietete Fläche sei von 602 Quadratmetern vor fünf Jahren auf 518 Quadratmeter gesunken. Der Flächenumsatz insgesamt ist mit 126.500 Quadratmetern im ersten Quartal 2017 allerdings um 4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum (121.100 Quadratmeter) gestiegen − und das bei 244 statt 254 Abschlüssen. Allerdings: Damit ist die durchschnittlich angemietete Fläche gegenüber dem ersten Quartal 2016 (477 Quadratmeter) wieder gestiegen.

Die Größenklasse unter 250 Quadratmeter verzeichnete im ersten Quartal 141 Abschlüsse und konnte ihren Anteil am Flächenumsatz im Vergleich zum Vorjahr um weitere 2 Prozent auf nun 58 Prozent ausbauen. Das Gros machte dabei die Gastronomie mit 48 Anmietungen aus. Anteile weiterer Größenklassen: 250 bis unter 500 Quadratmeter (14 Prozent); 500 bis unter 1.000 Quadratmeter (14 Prozent); 1.000 bis unter 2.000 Quadratmeter (8 Prozent) und ab 2.000 Quadratmeter (7 Prozent).

"Die Ausweichbewegung des Handels in Großstädte jenseits der Big 10 beobachten wir seit rund 2 Jahren", sagt Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. Er erklärt dies etwa mit der Flächenknappheit in den Zentren der Big 10 und der Entscheidung, lieber eine Toplage in einer B-Stadt zu nehmen, anstatt eine Randlage in einer Topstadt. Zudem würden viele Händler in Zeiten stagnierender Umsätze Risiken scheuen − würden Anmietungen in "hochpreisigen Lagen sehr genau prüfen", so Scheunemann.

Textilbranche weiterhin am mietfreudigsten

Die Textilbranche hatte im ersten Quartal mit 33 Prozent den Hauptanteil am gesamten Flächenumsatz. Auf den Plätzen folgten Gastronomie/Food mit 21 Prozent und Gesundheit/Beauty mit 15 Prozent. Schreibwaren/Bücher trugen circa 1-2 Prozent zum Flächenumsatz in Innenstadtlagen bei.

JLL analysiert für den "Einzelhandelsmarktüberblick" den Vermietungsmarkt in 1a-Lagen von bundesweit 185 Städten.