Einzelhändler-Kooperation in Stuttgart

"Platzhirsche" setzen Signale

6. Dezember 2016
von Sabine Schmidt
Gleich und gleich gesellt sich gern: In Stuttgart kooperieren Einzelhändler verschiedener Sparten – zum Vorteil aller Beteiligten.

"Unsere Kooperation hat sich von Anfang an gelohnt", betont Rainer Bartle, Geschäftsführer der Buchhandlung Wittwer, und meint die "Stuttgarter Traditionsgeschäfte". Unter diesem Namen haben sich 2014 zehn Unternehmen zusammengeschlossen: inhaber- oder familiengeführte, in Stuttgart gegründete und nach wie vor dort verortete Fachgeschäfte – etwas formloser nennen sie sich "Platzhirsche", was sich auch im Logo widerspiegelt. Neben Wittwer sind unter anderem eine Parfümerie, ein Feinkostgeschäft und ein Kaffeehaus bei dem kleinen, aber feinen Verbund dabei, aus jeder Branche jeweils nur ein Vertreter.

Stadtmarketing gab es schon vorher, die City-Initiative Stuttgart, Wittwer ist auch ­dabei. "Aber der Zusammenschluss der 'Platzhirsche' ist etwas anderes", erklärt Bartle. "Wir sind einem Lederwaren- oder Spielzeuggeschäft viel näher als einem Autohaus, Reifenhändler oder Energieversorger." Zudem bekommt man die Vertreter von zehn Geschäften leichter an einen Tisch als die halbe Stadt.

Der branchenübergreifende Erfahrungsaustausch mit überzeugten, erfahrenen und traditionsbewussten Einzelhändlern ist Bartle sehr wichtig, ebenso der politische Faktor. Bartle: "Wir wollen Signale setzen, auch gegenüber der Stadt. Dabei macht es einen Unterschied, ob nur einer von uns im Rathaus anruft, oder ob wir gemeinsam auftreten." Zusammengeschlossen haben sich die Händler, um einen Gegenpol zu neuen Einkaufszentren zu setzen. "Wir wollten signalisieren, dass Fachgeschäfte in Innenstadtlagen eine Chance und eine Berechtigung haben", sagt Bartle. "Wir wollen kämpfen, uns von den veränderten Rahmenbedingungen nicht beeindrucken lassen, vom Onlinehandel oder etwa von Diskussionen über Feinstaub, wie es sie hier gibt."

Die "Platzhirsche" bilden zudem einen Marketingverbund, der Veranstaltungen auf die Beine stellt. "Im November haben wir zum dritten Mal gute Kunden angeschrieben, insgesamt 50.000, und mit schönem Papier und Gutscheinheften zur 'langen Nacht der Platzhirsche' eingeladen", so Bartle. An einem Freitagabend konnten dann Gäste mit Einladungskarte von 20 bis 23 Uhr in allen zehn "Platzhirsch"-Geschäften shoppen. Bilaterale Aktio­nen gibt es auch: Wenn zum Beispiel ein Kunde bei Lederwaren Acker einen Koffer kauft, bekommt er einen Gutschein für einen Reiseführer geschenkt, den er bei Wittwer einlösen kann. In diesem Fall kauft das Lederwarengeschäft das Buch zum regulären Preis für seine Kunden. Eine unmittelbare Verpflichtung zum Gegengeschäft gibt es für den Partner nicht. 

STUTTGART

Mit Leerständen hat die baden-württembergische Landeshauptstadt (ca. 620.000 Einwohner) nicht zu kämpfen, eher mit einem Überangebot an Flächen – und der Konkurrenz im Internet.

Aktivitäten: Zehn Stuttgarter Traditionsgeschäfte (darunter Wittwer) stemmen gemeinsame Aktionen; außerdem fahren sie eine gemeinsame Linie in puncto Lokalpolitik – um einen Gegenpol zu den Shoppingcentern zu bilden.

"Platzhirsche": stg-stuttgart.de (Wittwer: wittwer.de)

Kontakt zum Ideengeber:

Buchhandlung Wittwer

RainerBartle

info@wittwer.de