Die Sonntagsfrage

Traumberuf Übersetzer?

14. März 2015
Redaktion Börsenblatt
Kaum eines der vielen international besetzten Podien funktionierte ohne Hilfe von Dolmetschern, außerdem gab es auf der Buchmesse in Leipzig erstmals auch ein Übersetzerforum. Wie traumhaft ist der Traumberuf Übersetzer eigentlich? Das haben wir Katrin Harlaß gefragt.

Ich bin bestens ausgebildet, habe Anglistik und Germanistik studiert, und kann Abschlüsse als  Wirtschaftskorrespondentin und Übersetzerin für die englische Sprache vorweisen. Das schöne an meinem Beruf ist aber ja, dass man immer weiter lernt, mit jeder Übersetzung weiß man mehr. Lebenslanges Lernen, auf Übersetzer trifft dieser Allgemeinplatz zu. Seit 2007 arbeite ich als selbstständige Übersetzerin. Ich übertrage Belletristik und Sachbücher aus dem Englischen. Außerdem bin ich für die Wirtschaft tätig, sozusagen zur Querfinanzierung. Am Anfang meiner freiberuflichen Tätigkeit kamen 100 Prozent meiner Aufträge aus Unternehmen, für die ich zum Beispiel Pressemitteilungen oder Firmenbroschüren übersetzt habe. Heute sind es nur noch 40 Prozent. Die Aufträge aus der Wirtschaft sind mein Standbein, trotzdem hoffe ich, bald ganz von Buchübersetzungen leben zu können.

Was die Bücher angeht, bin ich breit aufgestellt. So entgehe ich der Gefahr, in eine Schublade zu rutschen, und dann zum Beispiel nur noch für Krimis gebucht zu werden. Zuletzt habe ich für Hoffmann und Campe "Der Untergang der Lusitania" übersetzt und "Das Rätsel der Liebe" von Nina Rowan (Lyx Egmont). Außerdem habe ich diverse Sachbücher übertragen und das "Handbuch literarischen Übersetzens" im BDÜ-Fachverlag herausgegeben.

Ich liebe meinen Beruf und, ja, ich finde, es ist ein Traumberuf - auch wenn, wie bei so vielen Traumberufen, viel harte Arbeit dahinter steckt. Mein Motto stammt von Mark Twain: "Der Unterschied zwischen dem richtigen und dem fast richtigen Wort ist wie der zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen." Leider wird, wie im übrigen Verlagswesen auch, der Durchsatz immer höher. Der Zeitdruck hat zugenommen. Das ist oft sehr anstrengend. Dafür ist die Arbeit durch das Internet etwas praktischer geworden, allerdings nicht unbedingt einfacher.

Ein gelungener Übersetzertag sieht für mich so aus: Erstmal ausschlafen. Ich bin nämlich eher der späte Vogel, arbeite Abends dafür aber gern länger. Dann Frühstück, Zeitung lesen und zum Aufwärmen ein wenig Büroarbeit. Wenn ich dann an die eigentliche Arbeit gehe, muss ich aufpassen, dass ich die Mittagspause nicht verpasse. An so einem idealen Tag ruft dann später noch ein Lektor an und offeriert mir einem neuen, spannenden Auftrag. Zur Abrundung treffe ich mich am Abend mit Kollegen. Das ist wichtig. Ebenso wie man sehr diszipliniert seine Arbeit erledigen muss, muss man  regelmäßig seine Netzwerke pflegen. Außerdem lese ich viel englischsprachige Literatur, aber auch  viele Bücher deutschsprachiger Autoren. Schließlich will ich meinen Ausdruck pflegen und weiterentwickeln. Und klar, man schaut schon auch mal, wie die Kollegen ihre Arbeit machen. Fit halten muss man sich auch bei den rechtlichen Sachen, bei Honorarfragen oder dem Urheberrecht zum Beispiel.

Kontakt zu Autoren haben Übersetzer eher selten. Wenn man bei einer Passage partout nicht versteht, wie der Autor sie gemeint hat, stellt der Verlag den Kontakt her. Was ich gern mal übersetzen würde? Einen Roman von Tim Lott. Ich mag seine Bücher, sie sind zeitgemäß und unterhaltsam. Wenn ich mir von den Verlagen etwas wünschen dürfte, dann dass sie uns Übersetzer mit aufs Cover nehmen und uns auf dem Umschlag vorstellen. Und natürlich sollten alle Verlage der Gemeinsamen Vergütungsregel (GVR) zustimmen. Wenn nämlich die Rahmenbedingungen noch ein wenig besser wären, dann wäre mein Traumberuf noch viel traumhafter.