Die Sonntagsfrage

"Haben Sie schon an den Vertrieb für Ihre designten Erstlinge gedacht, Herr Lieth?"

23. Februar 2018
von Börsenblatt
Die Designer Max Pietro Hoffmann, Jakob Stärker und Michael Lieth haben im Frühjahr 2017 den Verlag Serie945756 für Erstlingswerke in Erstausgabe gegründet. Jetzt soll es losgehen, Autoren werden gesucht. Wie der Start in die Buchbranche bisher gelungen ist, erklärt Michael Lieth in der Sonntagsfrage.
Einheitsdesign als Garant für Qualität

SERIE945756 - um unseren Verlagsnamen zu verstehen, muss man etwas weiter ausholen und das Konzept der SERIE945756 durchblicken. Max, Jakob und ich waren uns schnell einig, dass wir auf einen Personenkult von Autor*innen, so wie er im Literaturbetrieb praktiziert wird, verzichten. Konsequenterweise muss sich der Verlag ebenfalls zurücknehmen. Bei der Namensfindung als auch beim Design haben wir es uns daher nicht leicht gemacht. Wir wollten die Identität des Verlages möglichst auflösen, um vorgefertigte Bilder zu stören. SERIE beschreibt das Projekt, wohingegen 945756 auf den Teil der ISBN verweist, der den Verlag identifiziert. Das Design der Bücher ist unaufdringlich, dabei zugleich zeitgemäß und prägnant. Liegt ein Buch der SERIE neben weiteren, fällt es schnell ins Auge und spricht mich erst einmal als Objekt an. So schaffen wir eine Differenzierung, ohne durch bunt bebilderte Cover einen Eindruck vom Inhalt zu diktieren; das Einheitsdesign wird Garant für die gebotene Qualität der Inhalte, so die Idee.


Suche nach Autoren

Das Design steht, jetzt sind wir auf der Suche nach Autoren. Ehrlicherweise sind bis dato recht wenige Arbeiten eingegangen, was schade ist, denn wir würden gerne mehr Manuskripte sichten. Das führen wir auf einen Mangel an Öffentlichkeit zurück. Uns kennen gegenwärtig einfach noch zu wenige Akteure aus dem Literaturbetrieb. Daher steht die Suche nach Autor*innen aktuell ganz oben auf der Agenda. Es müssen mehr Menschen wissen, dass es uns gibt. Was uns freut: Für eine erste Veröffentlichung haben wir uns bereits entscheiden können.


Den Vertrieb neu erfinden

Ideen für den Vertrieb haben wir auch schon. Der deutsche Buchhandel funktioniert nach Regeln und Abläufen, die mitunter recht starr sind und einen einfachen Zugang erschweren. Daher denken wir auch an alternative Vertriebswege und stellen die Frage voran: Wo halten sich die Menschen auf, die wir ansprechen möchten? In unserer Peergroup spricht man zum Beispiel täglich über Musik. Literatur spielt eine marginale Rolle. Um das zu ändern, wird es unsere Titel möglicherweise auch in ausgewählten Cafés und Bars geben, vielleicht in Plattenläden – in Reisebüros? Man muss das Thema Vertrieb neu erfinden, um für die Autor*innen das Beste rauszuholen.

Aufgeben oder gestalten?

Erste Kontakte zur Branche haben wir schon geknüpft. Erst kürzlich hatten wir beispielsweise einen Termin mit dem Team des Literaturhauses Köln. Es ist motivierend, welche Wertschätzung und Offenheit uns entgegengebracht wird. Die Nähe und der Umgang miteinander haben uns tatsächlich sehr positiv überrascht. Beim Entdecken unserer anstehenden Veröffentlichung erfuhren wir ebenfalls Unterstützung aus der Branche.

Von vielen Profis wurde uns geraten, den Mut aufzubringen, neue Wege zu gehen. Was beim ersten Lesen vielleicht etwas platt wirkt, leuchtete ein. Max und ich haben Design studiert. Bei Projekten ging es oft um die Frage, wo der Schuh eigentlich drückt und welche Szenarien man alternativ zum Status Quo skizzieren kann. Jemand hat uns außerdem wohlwollend ans Herz gelegt, die Gründung zu überdenken, denn es sei schwierig, Fuß zu fassen. Wir dachten uns: "Klingt gut, hier gibt es offenbar Gestaltungsmöglichkeiten."