Die Sonntagsfrage

"AvivA auf Jubiläumstour - was wollen Sie nie wieder erleben, Frau Jürgs?"

17. November 2017
von Börsenblatt
Zum 20. Geburtstag ist der Berliner AvivA Verlag durch 20 unabhängige Buchhandlungen getourt. Hauptact: die Verlegerin Britta Jürgs, die aus ihren Lieblingsbüchern gelesen und vom Büchermachen erzählt hat. Wo es ihr am besten gefallen hat, nach welchen Kriterien die Tour zusammengestellt wurde, welches Erlebnis sie unbändig gefreut und was sie nie wieder erleben möchte, beantwortet sie in der Sonntagsfrage.

20 Jahre AvivA Verlag wollte ich gerne auf eine besondere Art feiern. Es war ein Abenteuer, den Verlag für mehrere Wochen auf die Straße zu verlegen und in 20 unabhängigen Buchhandlungen zu Gast zu sein! Insgesamt waren es gut 6000 Kilometer, von Meldorf in Dithmarschen bis Mainz, von Duisburg bis Dresden, von Schwerin bis Frankfurt, mit nur kurzen Zwischenstopps in Berlin.

Eigentlich hatte ich dafür den September vorgesehen - aber 20 Veranstaltungen in einem einzigen Monat, das war ziemlich unrealistisch, zumal die Wochenendveranstaltungen bei den meisten weniger gefragt waren. Fast die Hälfte der Buchhandlungen kannte ich und auch die meisten der Buchhändlerinnen und Buchhändler, aber nicht alle. Bei einigen fragte ich selbst nach, weil ich mir vorstellen konnte, dass sie Interesse haben könnten, andere kamen über meine Vertreterinnen oder über sonstige Empfehlungen. Das Feedback war immer toll, meine Begeisterung für mein Programm und meine Bücher konnte ich anscheinend auch beim 20. Mal noch überzeugend vermitteln. Die Texte über Nellie Blys Handtascheninhalt bei ihrer Weltreise oder die Gedichte von Lili Grün kamen auch immer gut an. Allerdings schwankten die Besucherzahlen sehr: von drei bis 60 war alles dabei. Natürlich ist es immer toll, wenn Veranstaltungen gut besucht sind, aber andererseits waren gerade die Gespräche im kleineren Kreis besonders intensiv.

Unterschätzt hatte ich den organisatorischen Aufwand. Schon allein die Terminplanung war nicht ohne und geografisch musste es ja auch halbwegs passen. Anfangs hatte ich die AvivA-Tour alleine geplant, doch meine Tochter schlug mir vor, mich zu begleiten und die Deutschlandreise in einem Blog zu dokumentieren. Was sie dann auch ganz wunderbar in Fotos und Texten gemacht hat.

Bringt Dir das denn was?, wurde ich ganz oft gefragt. Klar, die Tour war natürlich auch mit Kosten verbunden, aber die einen oder anderen hatten netterweise auch für eine Unterkunft gesorgt und wir waren nicht nur in Hotels, sondern, wo immer es sich ergab, auch bei Freundinnen und Freunden untergebracht. Zwischendrin stand dann auch mal eine Familienfeier oder ein Ausflug zur Documenta auf dem Programm. Eine Party in Berlin war dementsprechend kostenmäßig wie auch organisatorisch nicht mehr drin (die kann es ja dann beim 25. geben). Aber ich kann die Frage danach, ob es mir etwas gebracht hat, dennoch nur bejahen. Ich habe ganz viele Leute erreicht, die den Verlag überhaupt nicht kannten, bin mit vielen Leserinnen und Lesern ins Gespräch gekommen und habe tolle Buchhändlerinnen und Buchhändler näher (oder überhaupt) kennengelernt. Das war immer wahnsinnig sympathisch und ein besonderes Erlebnis! Es war eine großartige Gelegenheit, Einblick in deren ganz unterschiedliche wunderbare Buchhandlungen zu erhalten, sich über Lektüren auszutauschen und mitzubekommen, was sie so alles auf die Beine stellen – und eben nicht nur in der Stadt, sondern gerade auch auf dem Land. Auch diejenigen, die das Programm schon ganz gut kannten, meinten, dass sie einen ganz neuen Blick auf meine Bücher bekommen haben.

Ein Erholungsurlaub war es natürlich nicht und manche Wege waren schon auch ziemlich anstrengend. Nicht mehr erleben möchte ich vor allem diese ewigen Baustellen und Staus – wie gut, dass ich sonst kaum mit dem Auto unterwegs bin! Und noch dazu der Dauerregen im September... Das hatte ich mir eindeutig anders vorgestellt. Dafür gab es aber immer wieder Lichtblicke – als wir an der Nordsee waren, schien die Sonne, und mitten im ansonsten doch sehr kalten Oktober waren es dann auf einmal 20 Grad in Tübingen. Hunderte von Kilometern halbkrank zurücklegen zu müssen, wie es uns dann nach der Buchmesse bei unserer Süddeutschlandtour ging, war natürlich auch wieder hart, zumal die Erschöpfung dann auch so langsam einsetzte. Aber die Anstrengung hat sich immer gelohnt! Es war eine tolle Zeit und nicht nur ein Geschenk an diejenigen, die maßgeblich dazu beitragen, dass die AvivA-Bücher sichtbar sind: an die engagierten unabhängigen Buchhändlerinnen und Buchhändler (von denen es glücklicherweise noch viel mehr gibt, als ich besuchen konnte), sondern auch ein Geschenk an mich. Mir hat es Lust gemacht auf mehr. Aber gerne in kleineren Portionen.