Die Sonntagsfrage

"Warum haben Sie sich die Buchhandlung nachhause geholt?"

26. September 2015
von Börsenblatt
Kürzlich eröffnete Heike van der Pütten ihre Buchhandlung im niedersächsischen Ort Sottrum (6.000 Einwohner) in ihrer Wohnung neu – mit einem neuen Konzept. Wie es dazu kam und wie das Konzept aussieht, erzählt die Buchhändlerin in unserer Sonntagsfrage.

Am 1. September feierte ich den 14. Geburtstag meiner Buchhandlung nach der Totalräumung der alten Geschäftsräume in der Großen Straße in Sottrum. Am letzten Donnerstag habe ich sie dann zuhause neu eröffnet und mit meinen Kunden darauf angestoßen. Diese freuten sich, dass es weitergeht.

Warum der Umzug? Ich habe mich viele Jahre vergeblich um Fachpersonal, das mich dauerhaft unterstützt, bemüht. Vielen Geschäftsleuten ist dieses Thema bekannt. Meine lieben Kunden haben mich im letzten Jahr, als ich allein war, engagiert und unentgeltlich unterstützt. Bevor ich aber wieder vor Erschöpfung krank werde wie 2009 (damals gab es ein Buchhändlergeschäftsrettungsteam) habe ich mich im März diesen Jahres schweren Herzens entschlossen, meine Buchhandlung in gute Hände zu übergeben. Auch dieses ist mir leider trotz vieler Interessensbekundungen nicht gelungen. Die letzte ernsthaft interessierte potentielle Käuferin sagte per Mail ab. Meine große Stammkundschaft tröstete mich: "Es ist zwar sehr schade, dass Sie diese wunderschöne Buchhandlung schließen müssen, aber Hauptsache Sie bleiben gesund und uns damit erhalten!" Also kam mein Plan B zum Tragen: "Weniger ist mehr". Das neue Konzept habe ich gemeinsam mit einem Freund entwickelt. Ganz wichtig ist mir weiterhin meine von mir betreute Homepage, eine reine Kommunikationsseite ohne Onlineshop, auf der z. B. inzwischen annähernd 300 Rezensionen aller Genres ausschließlich von Kunden, Freunden des Hauses und mir mit Namensangabe und Alter zu finden sind. Ich spicke diese dann noch mit Zusatzinformationen wie Links zu Trailern oder Autoreninterviews. Mein Newsletter geht an rund 700 Empfänger. Denn: Kommunikation ist alles!

Meine neues Ladenlokal, früher mein privater Büro-und Nähraum, ist etwa zehn Quadratmeter groß. Vorrätig halte ich ausgewählte Neuerscheinungen: Am Tag meiner Neueröffnung (24. September) kam etwa der neue Roman von Jojo Moyes − "Ein ganz neues Leben" − heraus. Das passte wunderbar. Weiter können meine Kunden, auch die jungen, in Vorschauen und Leseexemplaren oder meinen eigenen Büchern blättern. Ich biete Longseller, Geschenkbücher, wertige Einschreibbücher, Postkarten, Hörbücher und auch Pixie-Bücher an. Dankbar bin ich wie immer für Kundentipps. Meine Kundschaft bestimmte seit jeher mein Programm mit. Natürlich können auch weiterhin auch jedes Buch oder andere Artikel wie Ledertaschen, Wolle, Wein, DVDs usw. bei mir bestellt werden – wenn man mich im Dorf trifft, per Anrufbeantworter, E-Mail oder einfach durch einen Zettel in meinen Briefkasten. Über den QR-Code auf meiner Hinweisfahne an der Straße oder meiner Visitenkarte kann man die ganze Woche über per Smartphone Bestellungen tätigen. Donnerstags und freitags ist das Geschäft geöffnet. In dringenden Fällen, sprich, wenn die Bestellung schneller benötigt wird, finde ich mit meinen Kunden gemeinsam wie auch in der Vergangenheit eine Lösung. Es soll Briefkästen mit Code für den Kunden geben, wo er dann die Bestellung jederzeit abholen kann, unabhängig davon, ob ich zuhause bin oder nicht. Diesen habe ich jetzt noch nicht.

Besonders wichtig ist mir, dass ich durch das neue Konzept wieder mehr Zeit und Freude habe: Ich kann wieder mit den Kunden, die mich endlich wieder im Dorf antreffen, länger über Bücher reden und sie, wie kürzlich geschehen, gleich für sie bestellen. Ich kann durch den Zeitgewinn wieder mehr lesen und mich über Autoren und Bücher informieren. Zudem möchte ich Büchertische machen, in Seniorenheime, Schulen sowie Kindergärten gehen, dort Bücher vorstellen und erfahren, was die Zuhörer gern lesen. Außerdem möchte ich einen neuen Raum für unseren äußerst erfolgreichen Juniorleseclub, der sich ein Mal monatlich am Wochenende in meiner Buchhandlung traf, finden. Ich könnte mir auch Buchvorstellungen in Privathaushalten − besonders in der Vorweihnachtszeit − vorstellen. Und ich möchte wie früher Lesungen veranstalten. 2010 hatte ich z. B. Moritz Rinke (120 Gäste) zur Lesung in ein Sottrumer Autohaus eingeladen. Neue Ideen habe ich viele, die ich nach und nach umsetzen möchte – insofern blicke ich zuversichtlich in die Zukunft meiner kleinen Buchhandlung. Der Zuspruch meiner Kunden trägt dazu bei.

Die neue Adresse der Buchhandlung van der Pütten lautet Lindenstraße 17a, 27367 Sottrum. Im Internet ist sie unter www.buchhandlungvanderpuetten.de zu finden.