Die GfK zur Entwicklung des Buchmarkts 2015

Multichannel-Käufer geben das meiste Geld für Bücher aus

18. März 2016
Redaktion Börsenblatt
Der Buchmarkt verliert Umsatz und Käufer – daran hat auch das Jahr 2015 aus Sicht der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) nichts verändert. Gestern gaben die Nürnberger Marktforscher den Fachbesuchern der Leipziger Buchmesse einen Einblick in ihre Ergebnisse, hatten erstmals auch Zahlen zur Rolle von Streaming-Diensten dabei.

Es ist schon Tradition: Zum Auftakt der Leipziger Buchmesse gewährt die GfK Fachbesuchern einen Einblick in die Ergebnisse ihrer Buchmarktforschung, vergleicht die Bewegungen auf dem Buchmarkt auch mit dem Geschehen auf anderen Medienmärkten (Kino, Games, Home Video, Musik). Die GfK tut das stets aus der Langzeitperspektive heraus: Bereits seit mehr als 20 Jahren befragen die Nürnberger Marktforscher Deutsche ab 10 Jahren zu ihrem Medienverhalten und ihren Kaufgewohnheiten (Panel: GfK Media Scope).

Mehr als die Hälfte kauft ausschließlich stationär    

Diesmal luden sie zum Vortrag "Der Shopper im Wandel" – was zunächst aber wenig aussagt: Die Käufer verändern sich ja schon ein wenig länger, darüber herrscht Einigkeit. Gefesselt haben dürften die Zahlenkolonnen, die Simone Zinner und Christoph Freier präsentierten, trotzdem: Keiner der etwa 40 Zuhörer verließ gestern Nachmittag vorzeitig das Congress Centrum Leipzig. Die wichtigsten Erkenntnisse zum Buchmarkt, im Schnelldurchlauf:

  • Mehr als die Hälfte der Buchkäufer kauft laut GfK weiterhin ausschließlich stationär, mehr und mehr kaufen allerdings auch ausschließlich online. Die Anteil der Käufer, die sich Lesestoff nur im Laden kaufen, reduzierte sich seit 2007 von 70% auf 52%. Parallel wuchs der Anteil der Käufer, die sich Bücher nur noch online besorgen, von 9% auf 22% - und der Anteil der Sowohl-als-auch-Käufer von 21% auf 26%.  
  • Am meisten ausgeben tun dabei letztere: Wer beide Kanäle nutzt, stationär und online, hat für Bücher (und E-Books) 2015 insgesamt 273 Euro ausgegeben – während sich diejenigen, die nur noch online kaufen, ihren Lesestoff 85 Euro kosten ließen. Die Stationärkäufer liegen mit ihren Ausgaben im weiten Feld dazwischen – bei 124 Euro.
  • Knapp jeder zweite Buchkäufer (48%) kaufte 2015 online ein – die Durchschnittszahl sagt aber wenig: In den Zielgruppen zwischen 20 bis 49 Jahre lag die Quote nach Auswertung der GfK bereits bei über 60 Prozent. Wie es aussieht sind es vor allem die älteren Zielgruppen, die dem Sortiment die Stange halten.
  • Allerdings, auch darauf verweist die GfK, scheint der traditionelle Buchhandel erst einmal gar nicht so sehr unter Druck zu stehen – gelitten haben offenbar vor allem die Nebenmärkte (von Aldi bis Readers Digest): Während das stationäre Sortiment seit 2010 7% verlor, gaben die Nebenmärkte um 35 % nach. Zugelegt hat, wie nicht anders zu erwarten, nur der Vertriebskanal online – um 31%.
  • Die Independents – die GfK zählt dazu alle Nicht-Filialisten abseits von Thalia, Hugendubel und der Mayerschen – haben von allen Vertriebskanälen die treuesten Kunden. Bei ihnen kommen Kunden im Schnitt 4,9 mal im Jahr vorbei, nehmen pro Einkauf statistisch 1,4 Bücher mit und geben dafür (je Einkauf) 17,77 Euro aus. Top-Buchhandlungen (für die GfK sind das Thalia, Hugendubel, Mayersche; Achtung: Weltbild-Effekt) suchen Buchkäufer 3,7 mal im Jahr auf, sie kaufen dann ebenfalls statistisch 1,4 Titel, geben aber pro Einkauf mit 16,52 Euro gut einen Euro weniger aus. Im Internet liegt die Einkaufshäufigkeit der GfK zufolge bei 4,1 mal im Jahr (Ausgaben pro Einkauf: 18,42 Euro).
  • Zum Gesamtmarkt: Der ist 2015 erneut kleiner geworden – die Umsatzlücke zum Vorjahr betrug laut GfK 40 Millionen Euro (minus ein Prozent). Unterm Strich, so die Marktforscher, habe die Branche noch Einnahmen in Höhe von 4,07 Milliarden Euro erzielt (Publikumsmarkt, stationär und online; inklusive Hörbuch, physisch und digital/Download). In der Langzeitbetrachtung der GfK fällt die Branche damit wieder zurück auf das Niveau von 2008.
  • Schaut man ausschließlich auf den Verkauf von physischen Ausgaben, erlebte die Branche 2015 bereits das fünfte Minusjahr in Folge. Im vergangenen Jahr entfielen auf sie noch 3,85 Milliarden Euro, Downloads steuerten rund 217 Millionen Euro zum Gesamtumsatz bei.
  • Die Käuferreichweite ist ebenfalls gesunken – um vier Prozent gegenüber dem Vorjahr 2014. Absolut: Im vergangenen Jahr erwarben 33,1 Millionen Deutsche (ab 10 Jahren) ein Buch. 2014 waren es 34,4 Millionen und vor drei Jahren, 2012, 36,9 Millionen.
  • Die Buchbranche verliert dabei laut GfK vor allem bei den mittleren und jüngeren Zielgruppen, wenn auch nicht bei den jüngsten. Für den Zeitraum 2010 bis 2015 gilt: In der Altersgruppe der 10 bis 29-Jährigen sank die Zahl der Buchkäufer um 9 % auf 6,6 Millionen – bei den 30 bis 39-Jährigen ging es 28 % in den Keller (auf 3,8 Millionen), bei den 40 bis 49-Jährigen um 21 % (auf 5,6 Millionen). Erst in den Altersgruppen ab 50 zieht die Branche tendenziell mehr Käufer an – besonders stark in der Altersgruppe Ü70 (plus 17 % auf 6,1 Millionen).  
  • Die GfK erklärt sich dieses Absinken der Käuferzahlen mit der zunehmende (zeitliche) Konkurrenz unter den Medienformaten – und sie nannte gestern auch ein paar Gewinner: Social Media, Games, Netflix.
  • Wie berichtet, erfasst die GfK jetzt auch, in welchem Umfang Leser Streamingangebote á la Kindle Unlimited (Amazon) und Skoobe nutzen. Gestern gab es die ersten Zahlen: Zwischen Januar und Dezember 2015 gaben die Deutschen für Streamingdienste 56 Millionen Euro aus (nur Buch/Lesen), die Zahl der Abonnenten wuchs im Jahresverlauf von 1,1 auf 1,4 Millionen, der Umsatz um 29 Prozent.