Books at Berlinale 2018

Ein Bär, zwölf Bücher

20. Februar 2018
von Börsenblatt
Was auf der Berlinale beginnt, kann im Kino enden: 12 Bücher rückten bei "Books at Berlinale" ins Rampenlicht, darunter auch drei von deutschsprachigen Autoren. Im Idealfall führt das Pitching zum Rechteverkauf, zudem punktet es als Ort zum Netzwerken zwischen den beiden Branchen.

Berlin, gestern Nachmittag. Die Wintersonne strahlt, vor dem Abgeordnetenhaus in der Niederkirchnerstraße reckt der berühmte rote Bär seine Nase in die Höhe und schnuppert Berlinale-Luft. Im Festsaal des Abgeordnetenhauses bereiten sich die Rechteinhaber zwölf internationaler Buchtitel auf eine Präsentation vor, die den Beginn einer Literaturverfilmung bedeuten kann. 

"Magic is what happens when you open a book and get lost in a film", mit diesen Worten begrüßte Moderatorin Syd Atlas das Publikum von "Books at Berlinale" und fasste damit perfekt zusammen, was diese Veranstaltung ausmacht. Seit 2006 bringt die Pitchingveranstaltung Rechteinhaber von Büchern mit hohem Verfilmungspotential und Filmproduzenten zusammen. Henning Adam und Kathi Bildhauer vom Berlinale Co-Production Market verantworten die Veranstaltung, die als Kooperation zwischen den Internationalen Filmfestspielen Berlin und der Frankfurter Buchmesse im Rahmen des Berlinale Co-Production Market stattfindet. Im Idealfall entstehen hier die Kontakte, die zum Rechteverkauf führen und die Geschichten auf die Leinwand bringen. 

Bewerber-Rekord: 150 Bücher aus 30 Ländern haben miteinander konkurriert, 12 bekamen den Zuschlag 

Bei Books at Berlinale seien alle Leute versammelt, die mit Literaturverfilmung zu tun haben – das sei genial, sagt Frank Kroll von der Agentur Kroll, die vor allem Suhrkamp, Matthes & Seitz und die Edition Nautilus im Bereich der Filmrechte vertritt. Neben der Agencia Literaria Carmen Balcells anzutreten, die diesmal ein Buch von Isabel Allende vorstelle, "ist schon aller Ehre wert", meint er. "Ich habe auch gehört, dass die Quote der Realisierung gar nicht so schlecht sein soll und darum geht es ja letztendlich." 

Dass die Teilnahme in der Branche als Privileg betrachtet wird, zeigt auch die Bewerberzahl: In diesem Jahr wurden 150 Bücher aus 30 Ländern eingereicht – ein neuer Rekord. Zwölf Titel aus neun Ländern bekamen nun die Chance auf ein zweites Leben im Rampenlicht (Übersicht am Ende des Textes). Ausschlaggebend waren die Eignung für eine Filmadaption, die Qualität sowie eine breite Themenauswahl. So war der Nachmittag sehr abwechslungsreich und kurzweilig. In Pitchinggesprächen von jeweils drei bis fünf Minuten durchlebte das Publikum packende Thriller, Historiendramen und aktuelle politische und gesellschaftliche Themen, die Lust auf die Geschichten machten – als Buch und Film gleichermaßen. 

Was besonders auffällt: Die Titelauswahl bestimmen starke Frauen – in sieben der zwölf vorgestellten Titel spielen starke weibliche Charaktere eine bedeutende Rolle, unabhängig von Themen und Genres. 

Der Autor ist anwesend: Dato Turashvili und Sven Recker

Im Publikum verfolgten auch zwei der Autoren aufmerksam die Präsentation ihrer Bücher, Dato Turashvili und Sven Recker: 

  • Turashvili aus Georgien, dem Ehrengast der diesjährigen Frankfurter Buchmesse, hörte der Vorstellung seines Romans "The Other Amsterdam" (Bakur Sulakauri Publishing) zu. Darin begibt er sich auf die Suche nach der wahren Geschichte seines Großvaters, der während des Zweiten Weltkriegs in den Niederlanden von den Nazis gefangen war, nach Amsterdam, wo er plötzlich Briefe von einer unbekannten Frau bekommt. 
  • Bei Books at Berlinale mit dabei war auch Sven Recker, dessen Buch "Fake Metal Jacket" (Edition Nautilus) sich dem brandaktuellen Thema "Fake News" widmet. Recker ist noch immer verblüfft. "Die Nachricht, dass wir hier teilnehmen werden, war eine schöne Überraschung und hat mich sehr gefreut", erklärte er. "Beim Schreiben habe ich nicht daran gedacht, dass es ein Film werden könnte.“ 


Mit Can Dündar hatte die diesjährige Ausgabe von Books at Berlinale einen weiteren besonderen Gast. Der türkische Journalist saß für die Veröffentlichung eines Artikels in der Zeitung "Cumhuriyet" drei Monate in türkischer Untersuchungshaft und verfolgte gestern besonders gespannt, wie das Buch "The Girl in the Tree" von Autorin Şebnem İşigüzel (Kalem Agency) gepitcht wurde. In dem Roman werden die aktuellen Entwicklungen in der Türkei aus einer sehr ungewöhnlichen Perspektive geschildert: aus der Sicht einer 17-Jährigen, die beschließt in einem abgelegenen Baum zu leben, weil die Gesellschaft in ihrem Land nichts für die Jugend und Frauen unternimmt.

Rechteverkauf in Zeiten von Netflix & Co. 

Für viele Verlage und Literaturagenturen ist es wichtig, frühzeitig über das Medium Buch hinauszudenken und die Geschichte in die Filmwirtschaft zu tragen, um so die Reichweite zu erhöhen.

"Ein Film verlängert das Leben eines Buches und er erlaubt den Lesern, die Geschichte noch einmal zu erleben – er kann dabei andere Emotionen als beim Lesen des Buches wecken", sagt Laura Palomares, Foreign Rights Agent in der Agencia Literaria Carmen Balcells. "Diejenigen, die das Buch nicht gelesen haben, können durch den Film eine gute Geschichte und vielleicht auch den Autor dahinter entdecken. Kino macht Leser und Literatur schafft Cinephile. Es sind verwandte Künste." Sie stellte den neuen Roman "In the Midst of Winter" von Bestseller-Autorin Isabel Allende vor.

Auch Leenastiina Kakko, Agentin bei Rights & Brands in Finnland bestätigt, dass es immer wichtiger wird, TV- und Filmrechte zu verkaufen. "Die Bedeutung von Fernsehserien nimmt ständig zu", betont sie. "Zumindest die Produzenten, mit denen ich gesprochen habe, sind sehr hungrig nach Büchern oder Buchserien, die sich in eine Fernsehserie adaptieren lassen." 

Schau mir in die Augen: Gute Kontakte sind alles 

Der eigentliche Rechteverkauf ist bei Books at Berlinale aber nicht alles. Vielmehr geht es nach den Pitches ums Netzwerken und den Aufbau wertvoller Kontakte, die auch für andere Buchprojekte interessant sein könnten. Books at Berlinale sei ein gutes Forum, glaubt deshalb Constanze Gölz, Stellvertretende Programmleiterin / Editorial Director bei Edel Books. "Selbst, wenn es nicht zu einem Deal kommt, so sind doch am Ende die Kontakte geknüpft und die richtigen Ansprechpartner von nun an bekannt."

Auch für den Filmproduzenten Patrick Mao Huang, Managing Director bei Flash Forward Entertainment in Taiwan, spielen Veranstaltungen wie "Books at Berlinale" oder die Frankfurter Buchmesse eine große Rolle, um relevante Stoffe zu entdecken und die entsprechenden Leute kennenzulernen. "Ich suche nach Geschichten für den chinesischsprachigen Filmmarkt, interessant sind aus diesem Grund vor allem Titel, die weniger kulturgebunden sind", sagt er. "Mich interessieren von den Pitches zum Beispiel 'The Million Kroner Kindness Competition' von Arnfinn Kolerud oder der Thriller 'Where The Missing Go' von Emma Rowley."

Books at Berlinale: Diese zwölf Bücher waren dabei  

_von deutschsprachigen Autoren

  • "Fake Metal Jacket" (Autor: Sven Recker; Buch bei der Edition Nautilus ab 5. März), vertreten durch die Agentur Kroll, Deutschland
  • "#egoland" (Michael Nast; erscheint am 8. April bei Edel), vertreten durch Edel Books 

  • "Wenn Martha tanzt" (Tom Saller; erscheint am 9. März bei List), Ullstein

_international

  • "In the Midst of Winter” (Isabel Allende), vertreten durch Agencia Literaria Carmen Balcells, Spanien
  • "The Other Amsterdam” (Dato Turashvili), Bakur Sulakauri Publishing, Georgien
  • "The Million Kroner Kindness Competition” (Arnfinn Kolerud), Cappelen Damm Agency, Norwegen
  • "Bakhita” (Véronique Olmi), Editions Albin Michel, Frankreich
  • "Magda” (Mazarine Pingeot), Editions Julliard, Frankreich
  • "The Girl in the Tree” (Şebnem İşigüzel), Kalem Agency, Türkei
  • "Where the Missing Go” (Emma Rowley), Orion Publishing Group, Großbritannien
  • "Hitler's Feast” (Rosella Postorino), Vicki Satlow Literary Agency, Italien
  • "Captain Horror's Island” (Rodoula Pappa), Volatilium, Griechenland