Antiquariat

ZVAB/Abebooks: die Aussteiger

14. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Im Oktober wird das Zentrale Verzeichnis Antiquarischer Bücher (ZVAB) auf dieselbe technische Plattform umgestellt, die auch Abebooks zugrunde liegt. Nicht alle Antiquare gehen diesen Schritt mit. Eine vorläufige Übersicht. Ergänzung 17. Juli.

Es gibt eine Reihe von Antiquaren im deutschsprachigen Raum, die ihre Bücher weder über das ZVAB noch über Abebooks anbieten, sondern ausschließlich über direkte Kundenansprache, Kataloge oder Messen. Für diese Gruppe ändert sich also wenig, wenn – wie berichtet (siehe hier) – ab Herbst ein Abebooks-Verkäuferkonto unabdingbare Voraussetzung für eine weitere Beteiligung am ZVAB wird.

Für alle anderen, die bislang Abebooks ausgelassen haben (aus welchen Gründen auch immer), kommt bald die Stunde der Wahrheit. Mitmachen oder aussteigen? Streng genommen gibt es natürlich noch als dritte Option, erst einmal abzuwarten, was passiert …

Das "Account Management" des ZVAB versucht, die anstehende Entscheidung positiv zu beeinflussen. In E-Mails an zögerliche ZVAB-Anbieter heißt es dann unter der fürsorglichen Überschrift "Melden Sie sich am besten vor dem 30.6.2015 auf AbeBooks an": "So vermeiden Sie, dass Ihre Bücher ab Oktober für einen gewissen Zeitraum nicht bei ZVAB.com verfügbar sind. Bei einer späten Anmeldung kann es zu längeren Wartezeiten und Verzögerungen kommen."

Die Aussicht auf "längere Wartezeiten und Verzögerungen" wird den einen oder anderen Antiquar erschreckt haben. Zum Glück wird in besagter E-Mail gleich eine beruhigende Botschaft nachgeschoben: "Sie machen sich ab sofort und ganz in Ruhe mit den Funktionen bei AbeBooks vertraut, klären eventuelle Fragen vorab mit Ihren vertrauten Ansprechpartnern und sind dann perfekt auf die Umstellung Mitte Oktober vorbereitet." Angst haben vor einer neuen Umgebung braucht dann ja wirklich niemand mehr zu haben!

Es gibt aber auch den einen oder anderen Kollegen, der sich für einen dauerhaften oder befristeten ZVAB-Ausstieg entschieden hat. Die Motive sind dabei unterschiedliche, und gewiss nicht jeder möchte seine Entscheidung überhaupt nach außen kommuniziert sehen (das ist einer der Gründe, weshalb nachfolgende Auflistung sicher nicht vollständig ist).

Das von Hermann Wiedenroth geführte Bücherhaus in Bargfeld etwa wird künftig nur mehr auf der eigenen Homepage und bei Antiquariat.de zu finden sein. Wiedenroth, dessen qualitätsvolles Angebot, das eine höchst sorgfältige Abwicklung und Verpackung einschließt, dem ZVAB und vor allem den Kunden durchaus fehlen wird, nimmt in seiner ZVAB-Abebooks-Kritik kein Blatt vor den Mund: "Mich stören viele Gängeleien wie z. B. die Abschaffung der provisionsfreien Kollegenbestellung, die einfach zum guten Brauch gehört, eine an die Erfüllungsquote gekoppelte Sternchenvergabe, was doch irgendwie an Kindergarten und Vorschule erinnert, dazu der Unfug, daß meine Bücher während meiner Abwesenheit nicht mehr angezeigt werden: es ist oder vielmehr war doch immer lustig, nach dem Urlaub, einer Geschäfts- oder Messereise gleich einen ganzen Stapel Bestellungen abzuarbeiten. Ich bin nicht seit fünfunddreißig Jahren selbständiger Antiquar, um als Erfüllungsgehilfe irgendwelcher Konzernquoten zu enden."

Der Freiburger Antiquar Dr. Wolfgang Rieger gehört ebenfalls zu denjenigen, die früh ihren Abschied vom ZVAB angekündigt haben. Hier ist die als starr empfundene Abebooks-Versandkostenpauschale ein Hinderungsgrund für eine weitere Beteiligung.

Ebenfalls steigen der Berliner Antiquar Rainer Friedrich Meyer und die beiden Hamburger Antiquare Kerstin Kaden und Meinhard Knigge aus; letztere werden künftig im Netz vor allem auf Antiquariat.de setzen. Kaden erhält für diesen Schritt, über den sie neutral informiert, auch positive Rückmeldungen ihrer Kundschaft.

Roman Heuberger, Kölner Antiquariatsurgestein, will nach dem ZVAB-Ausstieg nicht nur seine eigene Website stärken und weiterhin auf Booklooker anbieten, sondern durch Ausstellungen und andere Aktionen mehr Kundschaft in seinen im rechtsrheinischen Stadtteil Deutz gelegenen Laden locken.

Einzelstimmen? Gewiss; es handelt sich da letztlich nur um ein paar 10.000 Bücher, auch wenn alle genannten Antiquare für überdurchschnittliche Qualität stehen. Ein Teilnehmer einer im März 2015 durchgeführten boersenblatt.net-Umfrage bringt jedoch auf den Punkt, was nicht wenige denken dürften: "Dem guten System ZVAB wird das schlechte System Abebooks übergestülpt, ohne jede Rücksicht. Die Folgen werden sich für Anbieter und Kunden negativ auswirken. Die klare Versandkostentabelle des ZVAB wird durch Pauschalkosten bei Abebooks ersetzt. Keine Bestellungen mehr während der Urlaubszeit. Keine provisionsfreien Kollegenbestellungen mehr. Abebooks/Amazon will Nägel mit Köpfen machen und den antiquarischen Buchmarkt in Deutschland nach amerikanischem Vorbild formen. Wie soll man da reagieren? Am liebsten den Verkauf auf beiden Seiten einstellen."

Bislang sind es recht wenige, die tatsächlich konsequent sind und aussteigen. Sehr gut möglich scheint jedenfalls, dass man das Jahr 2015 später einmal als Beginn einer neuen Phase des antiquarischen Handels im Netz ansehen wird. Und niemand kann hinterher sagen, dies sei ihm nicht bewusst gewesen …

Ergänzung vom 17. Juli:

Das ZVAB schreibt heute in einer E-Mail an die Anbieter auf der Plattform, "dass die Mehrheit aller ZVAB-Antiquariate bereits ein Verkäuferkonto auf AbeBooks angelegt hat". Parallel dazu veröffentlicht das Unternehmen "Ergänzende Informationen zur ZVAB-Umstellung" (siehe hier).

Auf besonderes Interesse dürften die Aussagen zum künftigen Gebührenmodell stoßen. Kernaussage: "Nach der Umstellung Mitte Oktober regelt das bestehende AbeBooks-Preismodell die Kosten für sämtliche Verkäufe über die integrierte Plattform: Sie zahlen dann eine einzige monatliche Einstellgebühr für die Listung Ihrer Angebote auf allen AbeBooks zugehörenden Webseiten inklusive ZVAB.com. Bei einem Verkauf über ZVAB.com berechnen wir dann dieselben Gebühren wie bei Verkäufen über AbeBooks.de."

Versprochen wird außerdem, die (oft als unübersichtlich kritisierten) Abebooks-Verkäuferabrechnungen "bis Ende 2015 weiter zu verbessern".