Antiquariat

Ein Gespräch mit Petra Bewer

25. Januar 2011
von Börsenblatt
An diesem Donnerstag um 15 Uhr öffnet die 25. Antiquaria in der Ludwigsburger Musikhalle ihre Türen. Wir haben vor der Jubiläumsmesse mit der Veranstalterin Petra Bewer gesprochen.

Die Antiquaria fand erstmals am 15. und 16. Mai 1987 im Gustav-Siegle-Haus in Stuttgart statt (damals noch unter dem Namen "Antiqua"). 1993 erfolgte der Umzug in die Ludwigsburger Musikhalle.

Wie kommt es, dass sich die Ludwigsburger Messe mehr oder minder stabil dargestellt, auch im Blick auf die Ausstellerzahl?
Die Gründe dafür sind sicher vielfältig. Es gibt einmal äußere Einflüsse: Die Region mittlerer Neckar ist geprägt durch eine starke kulturelle und merkantile Tradition, verbunden mit großer kultureller Neugier. So gibt es hier ein wunderbares, interessiertes und kaufkräftiges Publikum für das Buch, die Kunst und Kultur.

Mit der am Freitag beginnenden Stuttgarter Messe findet sich hier das wohl größte Angebot von antiquarischen Büchern, Autographen und Grafiken, die in einem Zeitraum in Deutschland angeboten werden. Die Region wird zu einem "Mekka" für Büchersammler.

Beide Messen bieten inzwischen ein kulturelles Beiprogramm an. Mit der Musikhalle in Ludwigsburg haben wir einen wunderbaren, atmosphärisch stimmigen Ort gefunden.

Zum anderen sehe ich innere Einflüsse oder Gründe für die Stabilität der Messe in Ludwigsburg. Sicher spielt die Geschichte der Antiquaria eine Rolle: entstanden in einer Zeit, als es in Deutschland nur eine Verbandsmesse gab, als Gegenentwurf und Präsentationsmöglichkeit auch für nichtorganisierte Antiquare, mit einem unkonventionellen Konzept – "Alternative ohne Zunftattitüden", so schrieb die Presse damals… Die Messe ist basisdemokratisch angelegt, alle wichtigen Entscheidungen wurden offen diskutiert und abgestimmt, zum Beispiel die Katalogform oder die Frage "Losen statt Rennen?".

Diese Entwicklung verbindet, es hat sich eine Vertrautheit untereinander entwickelt. Etliche Aussteller aus den ersten Jahren sind noch immer dabei, ein gewisser Kern der Messe, der das offene und freundliche Miteinander von damals über die Jahre beibehalten hat und den freundlichen, kollegialen Umgangston auf der Messe prägt und es damit auch neuen Ausstellern leicht macht, bei der Antiquaria mitzumachen und sich dort wohl zu fühlen.


Wie beurteilen Sie heute das Verhältnis zu Stuttgart? Kann man sagen, dass sich beide Messen gegenseitig stützen?

Mit den Jahren hat sich eine richtig gute Zusammenarbeit ergeben. In Stuttgart hat ein Generationenwechsel stattgefunden, die Schnittmenge der AusstellerInnen ist größer geworden und hat zu Gemeinsamkeiten geführt. Stuttgart und Ludwigsburg sehen die Chance, die sich in dem einzigartig großen Angebot in der Region zeigt. Deshalb gibt es gemeinsame Aktivitäten: wir bieten eine Auftaktveranstaltung zur Messewoche im Literaturhaus Stuttgart an, wir weisen gegenseitig im Katalog und auf den Internetseiten auf beide Messen hin, es gibt ein Kombi-Eintrittsticket. Dabei sind wir uns einig, dass jede Messe ihr eigenes Profil bewahren und stärken muss.


Wie beurteilen Sie die Situation der Antiquariatsmessen in Deutschland insgesamt? Wie sehen Sie die Chancen kleinerer Veranstaltungen? Der 1. Bonner Brückentag hat ja gerade stattgefunden; Detlef Thursch kündigt weitere Veranstaltungen nach diesem Muster unter anderem in Heidelberg und Berlin an.

Die Buchbranche unterliegt seit einiger Zeit heftigen Turbulenzen, die auch die AntiquarInnen betreffen: wir sind mitten in einem Strukturwandel, es gibt viele Unsicherheiten. Wie umgehen mit den großen Lagerbeständen? Wie entwickelt sich gerade das mittlere Antiquariatssegment? Es wird immer schwieriger, auf Messen ein attraktives, gutes Angebot zu zeigen. Aber gerade für eine Messe ist es wichtig, dass das Angebot auch für überregionale und internationale BesucherInnen und anspruchsvolle SammlerInnen attraktiv ist – und gleichzeitig offen und einladend für Neueinsteiger, für Interessierte, die nicht den großen Betrag ausgeben möchten.

So denke ich, dass es in Zukunft weniger Messen auf diesem Niveau geben wird. So kommen wieder die Büchertage: in den 1980-er und 1990-er Jahren gab es sie ja schon zahlreich. Um 2000 entstanden immer mehr Messen, die wiederum ihren Höhepunkt, was die Ausstellerzahlen angeht, circa 2005 hatten. Büchertage waren nicht mehr sehr gefragt. Danach war die Messeentwicklung rückläufig mit dem bedauerlichen Jahr 2010, in dem einige Messen nicht mehr stattfanden. Dafür entwickeln sich jetzt wieder lokale Büchertage. Sie sind kostengünstiger, weil ohne Katalog und ohne große Werbemaßnahmen durchführbar, sie dauern meist nur ein oder zwei Tage. Das kommt den AntiquarInnen in dieser unsicheren Zeit entgegen, und solche Veranstaltungen sind eine gute Verkaufsplattform.


Über die Antiquaria 2011 hinaus: in welche Richtung möchten Sie die Messe mittel- oder langfristig gern entwickeln?

Die Antiquaria sollte Messe-Niveau mit besagter Balance halten: attraktiv für anspruchsvolle, internationale SammlerInnen und auch attraktiv für Neugierige, Jüngere, Interessierte. Wie das unter den zur Zeit für die AntiquarInnen nicht einfachen Bedingungen in den nächsten Jahren umgesetzt werden kann und soll – diese Ausgestaltung ist ein offener Prozess, den ich, in der Tradition der Antiquaria, nach der Jubiläums-Messe nun mit möglichst vielen AusstellerInnen diskutieren möchte. Zu dieser breiten Diskussion werde ich nach der Messe einladen: "Wie weiter – Antiquaria?"

Die Fragen stellte Björn Biester.