Das Bild, das Spreckelsen in seinem Artikel (siehe hier) über "das Antiquariat" zeichnet, ist recht düster und fast durchgehend pessimistisch. Ausgangspunkt ist die Geschäftsaufgabe des Frankfurter Antiquariats Sellner, Stein & Partner (boersenblatt.net berichtete hier). Als Bestätigung für die "Dezimierung" des "klassischen Antiquariatswesens" wird Peter Rudolf von der Genossenschaft der Internet-Antiquare (GIAQ) zitiert. Die demographische Entwicklung sorge für einen Bibliotheksüberhang, gleichzeitig wachse das Desinteresse am gedruckten Buch. Auch die Abwärtspreisspirale wird angeführt. Die Antiquare, die davon träumen, "irgendwo ein Lager zu mieten, das sie randvoll mit wertvollen Ausgaben stopfen, um sie irgendwann, wenn der Spuk vorbei ist, teuer anzubieten", bleiben leider unbenannt.
Spreckelsen hat mit seinem Beitrag jedenfalls eine erhebliche Resonanz erzielt, schaut man beispielsweise auf die Leserkommentare und -empfehlungen oder einen Blog-Kommentar (hier) von Harald Kugler. Ob aber seine Darstellung wirklich so treffend und vor allem vollständig ist? Buchauktionen, oft sehr erfolgreich und wirtschaftlich sehr relevant, finden keine Erwähnung. Nicht unterschieden wird zwischen dem Handel mit neueren gebrauchten Büchern, der hauptsächlich über die bekannten Plattformen abgewickelt wird und vielfach unter starkem Druck steht, und dem eigentlichen Seltenheitsantiquariats, in dem wiederum das moderne Antiquariat eine geringe Rolle spielt, umso mehr aber der internationale Handel.
Schließlich hätte man sich von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in den letzten Jahren eine breitere Berichterstattung über Antiquariatsthemen gewünscht – diese wurde aber im Gegenteil weitgehend eingestellt, berichtet wird im umfangsmäßig stark eingedampften "Kunstmarkt" fast nur noch über den Kunsthandel. Unbeachtet sind deshalb leider viele wichtige Antiquariatskataloge und die oftmals sehr interessanten Aktivitäten einer (zugegeben kleinen) Gruppe jüngerer Antiquarinnen und Antiquare geblieben. Nicht bestreiten lassen sich die vielen Geschäftsaufgaben und für das alte Buch tendenziell ungünstigen gesellschaftlichen Entwicklungen, aber es sind nicht nur Abbrüche, es findet auch ein Wandel statt, dessen Ausgang womöglich doch offen und damit auch gestaltungsfähig ist …
In solch einer Meldung taucht nun wieder die GIAQ auf. Und auch das Geschäftsmodell des Aussitzens passt ganz genau. Denn: hätte die GIAQ ihr Portal Antiquariat.de tatsächlich am Markt platzieren wollen, dann hätte sie ganz anders vorgehen müssen.
Also: eine Taktik, die schon lange zu vermuten war, bekommt nun langsam Gesicht.
nicht noch dunkler sehen
Wer in diesem Strudel schwimmt und sich da jetzt noch anstecken lässt, kann
seinen Laden dann auch bald zumachen.
Was in der Gegenwart jetzt wichtig ist, sind Antiquare und Buchhändler, die
eben mal alternative Wege suchen und vor allem mal auf diesen Frust der
Schwarzseherei verzichten.
Wer immer nur von einer Krise redet, der hat letztendlich keinen Mut mehr,
aus seiner derzeitigen Situation etwas ,Neues` zu gestalten.
Gerade junge Antiquare haben doch auch eine Chance, die sie ergreifen
sollten.
Und der diesjährige Gemeinschaftskatalog der Internet-Antiquare (GIAQ)
war und ist doch für viele Buchsammler überzeugend, dass sich die
Antiquariate doch sehr bemühen, wertvolle Bücher und Graphiken
zum Verkauf anzubieten.
Für manches Antiquariat wäre es vielleicht doch mal wieder überlegenswert,
im Jahr vielleicht für die Stammkunden eine oder zwei Angebotslisten mit
diversen Neueingängen anzusetzen.
Jedenfalls sollten sich nicht alle Antquare/innen von dieser sehr negativen
Grundstimmung anstecken lassen.
Gefragt sind vielmehr jetzt Kreativität, Zuversicht und eine Aufgeschlossenheit
gegenüber den Kunden, die Ladenantiquariate aufsuchen.
Notwendig ist sicher auch ein einladendes ,Outfit`, d. h. eine wechselnde
und interessante Auslage in den Schaufenstern.
Dies erfordert eine Flexibilität und ein Mitgehen im Auf und Ab unserer
hektischen Zeit.
Auch so kleine Aktionen, z. B. das ,Besondere Buch der Woche` können
einen Anreiz im Schaufenster zeigen.
Die Strategien sollten also nach vorne gerichtet sein.
Dies bedeutet eben auch im Antiquariat eine Bestandsaufnahme seines
Geschäftes machen und überlegen: Was kann verbessert werden oder
wo sind Veränderungen möglich?
Nur jetzt dem Trend der Schwarzseherei nachjagen, bringen keine extra
Ideen.
Und neue Gestaltungen in einem Ladenantiquariat können manchmal
auch ganz positiv sich auswirken.
Es bleibt also der Mut nach vorne mit seinem Antiquariat eine
andere Richtung einzuschlagen. Doch dies erfordert auch mal einen
langen Atem zur Veränderung.