Ich habe es so satt! Heute Morgen rief ich einen kleinen Regionalverlag an, um mich nach seinen Mengennachlässen zu erkundigen. "Sie bekommen doch 40 Prozent", war die Antwort. Da wusste ich: Das wird wieder eines von den schwierigen Telefonaten. Ich erklärte also noch mal den Unterschied zwischen dem Verlagsrabatt für mich als Buchhändler und dem Mengennachlass für Endabnehmer und wies darauf hin, dass ja der Verlag die Preise und damit auch die Mengenpreise festsetzt. Großes Erstaunen am anderen Ende der Leitung. Den Fall hätten sie noch nie gehabt – wie viele Exemplare der Kunde denn wolle? Ich erwiderte, das hinge ja eben auch von ihren Mengenpreisen ab.
"Ja, dann sagen Sie ihm, ab 50 Stück bekommt er zehn Prozent, und ab 100 Stück bekommt er 20 Prozent." Ich habe extra noch mal nachgefragt, ob die Dame das in diesem Moment spontan aus dem Bauch heraus entschieden habe. Als sie bejahte, "musste ich auflegen und in eine Tüte atmen", wie Matthias Mayer es mal so treffend formuliert hat.
Es ist Zufall, dass ich heute Morgen einen kleinen Verlag angerufen habe. Bei großen Häusern passiert einem aber das Gleiche. Das wäre ja alles nicht so schlimm, würde die Dame am Telefon nicht in diesem Moment über mein Portemonnaie entscheiden. Denn es ist ja nicht so, dass ich die zehn oder 20 Prozent auf meinen Verlagsrabatt aufgeschlagen bekomme. Nein, ich muss sie von meinem normalen Rabatt abzwacken, und meine Spanne verringert sich drastisch. Wieso tragen eigentlich wir Sortimenter diesen Nachlass komplett alleine? Und wieso wissen die Verlage darüber so oft nicht Bescheid?
Wie viel Nachlass muss ich dem Kunden gewähren, wenn ich übermorgen noch mal anrufe und dann im Verlag jemand anders ans Telefon geht? Wie viel bezahlt der Kunde, wenn er direkt beim Verlag bestellt? Und wieso müssen wir Buchhändler Verlagen erklären, wie die Preisbindung funktioniert? Das Ganze ärgert mich seit Jahren. Einmal haben wir das Thema bei einem Branchentreffen diskutiert. Findige Menschen, bekannte Ehren- und Hauptämtler, besprachen auf meine Bitte hin das Problem ausgiebig. Was bekam ich zu hören? "Das kann man ja nie so genau sagen!" "Du bekommst doch 40 Prozent." "Das kommt ja auch darauf an, wer da anruft."
Nein. Eben nicht. Es muss völlig egal sein, ob ich mich beim Verlag mit "Riethmüller" oder "Busch" am Telefon melde, mit "Bezos" oder "Bestenbostel". Es ist schlimm genug, dass ich mich überhaupt telefonisch erkundigen muss – zu den Arbeitszeiten der Verlage, nicht zu meinen, denn wir arbeiten auch nach vier Uhr nachmittags oder samstags. Laut Preisbindungsgesetz muss ein Verlag seine Mengenpreise ebenso transparent bekannt geben wie den Normalpreis. Die Mengenrabattstaffeln gehören längst ins VLB, und zwar auf die erste Seite hinter den Ladenpreis, nicht irgendwo mit einer geheimen Tastenkombination auffindbar, nicht auf die eingelegten AGBs in der Vorschau und nicht in den Notizblock des Verlegers.
Das Wissen um die Mengenpreise gehört in die ganze Branche, nicht nur in den Berufsschulunterricht. Die Verlage sind verpflichtet, sich festzulegen. Wie sonst sollen wir auf die Preisbindung und auf unsere Marge aufpassen? Ich möchte nicht von der Laune und dem Wissen meines Gegenübers am Telefon abhängig sein, sondern meinem interessierten Kunden kompetent und sofort Auskunft geben können. Das ist mein Job. Ich mache ihn gern. Wenn man mich lässt.
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vielen Dank für diesen Vorstoß! Eine Referenzdatenbank ist eine Referenzdatenbank für alle, ja, genau. Und Angaben zu Mengennachlässen gehören ebenso wie alle Informationen zu Subskriptionspreisen und -Terminen (ein weiteres Branchenthema von großer jahrelanger Scheußlichkeit) ins VlB.
Und ich will das auch immer wieder neu auf einer Homepage ermitteln müssen - denn die VlB-Daten können selbsttätig aktualisierbar in Systeme laufen und gelten für alle Handelspartner einheitlich.
das wäre ja schön, wenn die Verlage so (be)rechnen würden! Leider steht auf den Rechnungen aber der normale Ladenpreis und vielleicht unten der Hinweis, dass 10% oder 20% oder... Mengennachlass "zu gewähren sind". Deshalb hat Anne recht: es ist allein unser Portemonnaie, das hier belastet wird!
Herzliche Grüße von der Noch-Buchhalterin Ursula vB
Oh! Das geht natürlich gar nicht. Müssen wir diesen Verlagen nicht mal das Preisbindungsglossar der segensreichen Rechtsabteilung des Börsenvereins empfehlen? https://www.boersenverein.de/de/portal/glossar/158316?glossar=M&wort=188671
Auch ich habe schopn mehrfach die gleiche Erfahrung gemacht wie Du, Anne: Völliges Unverständnis auf Seiten des Verlages, gelegentlich gepaart mit erschreckender Unkenntnis der Preisbindungssituation ("Geben Sie ruhig 10 %, das machen Ihre Kollegen doch auch so" oder "Wenn Kitas bei uns größere Mengen bestellen, dann geben wir Ihnen noch Exemplare dazu").
Ich habe die Sachglage bisher so verstanden:
Es gibt
1. Mengenpreise, die der Verlag festsetzt, die bindend sind, im VLB stehen und die auch vom Verlag an die Buchhandlung fakturiert werden (z.B. LP 10 €, ab 10 Expl. 9,50 € etc). Das ist das, wovon Dietrich zu Klampen spricht, was aber selten vorkommt (z.B. bei religiösem Kleinschrifttum).
2. Mengennachlässe, die ein Verlag erlaubt (nicht vorschreibt!) und die sich in %-Staffeln ausdrücken (z. ab 11 Expl. 8 %, ab 51 10 % etc.). Hierzu sollte jeder Verlag eine Regelung festgelegt haben, was aber oft nicht der Fall ist. Hier scheint mir die eigentliche Grauzone zu liegen.
Und jetzt wüsste ich gerne von der Rechtsstelle, ob ich da richtig liege =)