250 Euro für ein "Spiegel"-Bestseller-Logo

Verlage fürchten Millionen-Kosten

8. Dezember 2017
von Börsenblatt
Die Nutzung von "Spiegel"-Bestseller-Logos wird ab Anfang 2018 kostenpflichtig. Unter dem Begriff "Qualitätsoffensive" hat der "Spiegel"-Verlag in Hamburg jetzt angekündigt, die Logo-Familie mit Wirkung zum 1. Januar 2018 zu lizenzieren. Mit der Umsetzung sei die Tochter-Gesellschaft Harenberg Kommunikation beauftragt.

Folgende Preise werden von den teilnehmenden Bestsellerverlagen künftig verlangt: 250 Euro pro Titel für die Verwendung der Logos in Vorschauen, Werbemitteln und Anzeigen, noch einmal 250 Euro für Aufbringung auf Buchcovern. Für ein sogenanntes Premiumpaket "Spiegel-Bestseller Platz 1" erfahren Kunden den Preis nur "auf Anfrage".

Lizenzierung und Bereitstellung der Logos erfolgen durch Harenberg Kommunikation. Auf der Buchreport-Internetseite finden sich Details zu den Bedingungen. Demnach müssen die Wort-Bild-Marken der Bestseller-Siegel und die "Spiegel"-CI in Zukunft genau eingehalten werden. Ein Sprecher des "Spiegel"-Verlags berichtet auf Anfrage von boersenblatt.net, dass bei eigenen Recherchen "mehrere Dutzend unterschiedliche Varianten unserer Bestseller-Logos gefunden" worden seien. Diesem Wildwuchs soll die Qualitätsmaßnahme, die zugleich eine Preisoffensive ist, ein Ende bereiten.

Nach Angaben des "Spiegel"-Sprechers habe man feststellen müssen, dass die Vorgabe zur Corporate Identity "nicht immer angemessen umgesetzt wurde und zunehmend Logos selbst entworfen und ohne Prüfung und Freigabe durch den 'Spiegel'-Verlag zum Einsatz kamen". Mit der Qualitätsoffensive wolle der "Spiegel" künftig "eine korrekte Verwendung der Logos sicherstellen und damit auch die von der Branche gewünschten Marketing- und Verkaufseffekte stärken".

Was die Buchverlage seit dem heutigen Freitag dazu von Harenberg hören, löst in den kaufmännischen Bereichen doppeltes Nachdenken aus.

Zum einen schlagen für den Fall, dass die Verlage in der Bestsellervermarktung weiterhin mit dem Spiegel-Label arbeiten wollen, ab Januar 2018 Jahr stattliche Marketing-Zusatzkosten zu Buche. Gleiches Nutzungsvolumen wie 2017 angenommen, beläuft sich für einen Publikumsverlag in der Umsatzgröße um 50 Millionen Euro die Nutzung der Spiegel-Bestseller-Logos auf den Buchcovern auf Kosten im mittleren fünfstelligen Bereich. Noch einmal der gleiche Betrag käme für die Logo-Verwendung in Vorschauen, auf Werbemitteln und Anzeigen hinzu. Bislang war die Nutzung der Logos für die Verlage kostenlos.

Misslich ist nach erster Einschätzung mehrerer Verlage überdies die sehr kurzfristige Ankündigung des Lizenzierungsmodells durch Harenberg. "Wir haben unsere Januar-Produktion längst gedruckt, und natürlich kleben auf den Titeln, die in Frage kommen, auch die entsprechenden Buttons", berichtet auf Anfrage von boersenblatt.net ein Verlagsgeschäftsführer, der nicht namentlich zitiert werden möchte, weil zunächst Gespräche mit Harenberg zu führen seien.

In den Verlagen und Verlagsgruppen, die einen hohen Anteil am Bestseller-Geschäft haben, setzt derweil ein genaueres Abwägen ein: Steht dem Preis, den der Spiegel künftig für Lizenzierung und Bereitstellung der Logos verlangt, eine entsprechende Wertschöpfung gegenüber? Welchen Anteil hat die Medienmarke Spiegel daran, dass ein Buch als Bestseller wahrgenommen wird? Umgekehrt: Welchen Anteil haben die Marketing-Abteilungen der Buchverlage und die Buchhandlungen mit "Spiegel"-Bestseller-Präsentationen daran, dass der Spiegel als Marke wahrgenommen wird? (Diese Frage hat der damalige Chefeinkäufer einer großen Buchhandelskette im Zusammenhang mit der Listen-Verbreitung im stationären Buchhandel schon vor Jahren aufgeworfen.)

Der oben zitierte Verlagsmann gibt zu bedenken, "dass wir uns mit unseren Titel ja zunächst ohne die Marke 'Spiegel' für eine Bestsellerliste qualifizieren, und zwar mit unserem eigenen Content." Erst dann komme der Spiegel ins Spiel und veredele diese Titel durch seine eigene Marke. "Wir werden jetzt prüfen, ob die Marke 'Spiegel' wirklich so bedeutsam ist für eine Bestseller-Information, die wir unseren Büchern mitgeben wollen." Vielleicht gebe es auch andere, von Drittmarken unabhängige Möglichkeiten.