Gestorben

Antiquarin Lotte Roth-Wölfle ist tot

1. Mai 2011
Redaktion Börsenblatt
Im Alter von 99 Jahren ist am Freitag die Münchner Antiquarin Lotte Roth-Wölfle gestorben. Für den deutschen Antiquariatsbuchhandel und seine Institutionen engagiert in zahlreichen Ehrenämter.

Ein langes, leidenschaftliches Leben hat sich vollendet.

Lotte Roth-Wölfle, am 18. März 1912 in Freising geboren, zählte ohne Zweifel zu den einflussreichsten deutschen Antiquarinnen nach 1945. Als Tochter des am 19. Januar 1943 bei einem Luftangriff ums Leben gekommenen Buchhändlers und Antiquars Robert Wölfle übernahm sie als Mitinhaberin früh Verantwortung im angesehenen Familienunternehmen in der Amalienstraße in München, ebenso wie ihre ältere Schwester Gertrud Wölfle (1903–2000). Zuvor war sie von Frühjahr 1938 bis Ende 1942 bei August Hase in Frankfurt am Main tätig; über diese Jahre hat sie 1973 in einem wichtigen Beitrag in "Aus dem Antiquariat" berichtet. Das Antiquariat Robert Wölfle wird heute von der Tochter Dr. Christine Grahamer fortgeführt.

Lotte Roth-Wölfle, 1943 an der Universität München "summa cum laude" promoviert mit einer umfangreichen Arbeit über "Beiträge zu einer Geschichte der deutschen Zeitungstypographie von 1609–1938. Versuch einer Entwicklungsgeschichte des Umbruchs", war in der Nachfolge ihres Vaters über viele Jahrzehnte gewissermaßen Mentorin der Freien geselligen Vereinigung Die Mappe in München, die bis Ende 2010 bestand. Der 1962, in der bitteren Zeit der Trennung der deutschen Antiquare in zwei zerstrittene Lager, begründete Gemeinschaftskatalog der Vereinigung Deutscher Buchantiquare und Graphikhändler wurde über Jahre von ihr redaktionell betreut. Von 1973 bis 1978 wirkte sie ehrenamtlich im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Antiquariat im Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Der seit den frühen 1970er Jahren bestehende gemeinsame Fortbildungsausschuss von Börsenverein und Verband Deutscher Antiquare, der das jährliche Seminar für Antiquare organisiert, war ihr ein besonderes Herzensanliegen. Die erfolgreiche Kunstmesse München wurde von ihr von Beginn an begleitet und wesentlich gefördert.

Erinnerungen, in denen die kenntnisreiche Antiquarin auf viele Ereignisse und Begebenheiten ihres langen Berufslebens zurückblickt, erschienen 2002 in drei Folgen in "Aus dem Antiquariat". Persönlicher gehalten sind die Beiträge in dem anlässlich ihres 60. Geburtstags zusammengestellten Privatdruck "Begegnungen mit Lotte" (verfasst unter anderem von ihrem Ehemann Anton Roth, der Schwester Gertrud Wölfle, dem Schwiegersohn Karl H. Pressler, Percy und Barbara Muir sowie Bernhard Wendt). Unter den Auszeichnungen, mit denen die vielfältigen Verdienste Lotte Roth-Wölfles gewürdigt wurden, seien nur die Medaille "München leuchtet", der Bayerische Poetentaler und das Bundesverdienstkreuz genannt.

Die Beerdigung findet morgen (2. Mai) um 14 Uhr in Vierkirchen statt, eine Gedenkmesse am 5. Mai um 18 Uhr in der Dreifaltigkeitskirche in München.

Ein ausführlicher Nachruf auf Lotte Roth-Wölfle folgt in der Juni-Ausgabe der Zeitschrift "Aus dem Antiquariat".

bjb.